WAZ: Alzheimer und die Angehörigen. Kommentar von Thomas Wels

Alzheimer ist plötzlich wieder ganz nah.
Erschreckend nah. Rudi Assauer und seine Familie bringen das Leid in
die Wohnstuben. Das ist mutig, verdient großen Respekt, weil über
Demenz zu reden ist, allein schon wegen der steigenden Zahlen der
Erkrankungen und dem kümmerlichen Pflegereförmchen, das den
Betroffenen kaum finanzielle Linderung verschafft. Was nicht zu sehen
ist im Rudi-Assauer-Fernsehen, sind die Sturzfluten, mit denen diese
Krankheit das Leben der Familien durcheinanderwirbelt. Rimi, der
Vater einer guten Freundin, hat Alzheimer seit zehn Jahren. Kurz vor
der Rente hat es angefangen. Rimi lebt zu Hause, so lange es geht und
die Kraft ausreicht. Kraft fürs Wickeln und Füttern, die
Krankenhausbesuche, wenn die Sonde wieder mal rausrutscht, Kraft für
die Nerven und die Seele, die das ununterbrochene Rufen aushalten
müssen. Und die Frage nach dem Warum. Eine Woche Urlaub im Jahr ist
maximal drin, mehr geht nicht, weil Rimi zu Hause sein soll, nicht in
der Klinik. Und weiter weg fahren, geht schon gar nicht. Manchmal,
sagt Rimis Frau, spürt sie seine Hand, wenn sie ihn streichelt. Und
dass das Liebe ist. Anders ist wohl kaum zu erklären, woher Menschen
die Kraft für die Pflege nehmen.

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