WAZ: Arme Stadt, reiche Stadt
– Kommentar von Dietmar Seher

München ist nicht Essen, Tübingen nicht Hagen.
Deutschlands Städte haben Mühe, mit einer Stimme zu reden. Sie sind
zu unterschiedlich. Schon bei Nachbarn klappt das nicht besonders:
Düsseldorf konnte sich sanieren. Duisburg hängt am Tropf des Landes.
Die Kluft zwischen Arm und Reich klafft bei den Kommunen zunehmend
auseinander. Das liegt an der unterschiedlichen Ertragskraft der
lokalen Wirtschaft, aber auch an der Zusammensetzung der Bevölkerung.
So ist die Vorgabe des Grundgesetzes, flächendeckend ähnliche
Lebensverhältnisse zu schaffen, schon auf kommunaler Ebene kaum zu
verwirklichen. Es braucht dafür den Eingriff des Gesetzgebers. Die
Forderung der Bürgermeister und Landräte der Rhein-Ruhr-Region nach
einer Sondersitzung des Bundestags passt deshalb. Dass
Ruhrgebiets-Kommunen Kredite aufnehmen müssen, um den Aufbau Ost zu
bezahlen, ist nicht länger hinnehmbar. Freilich: Wenn Revierstädte
untereinander mit teuren Konzerthäusern konkurrieren oder, gedeckt
durch Steuergeld, im Ausland als Energie-Multi auftreten, ist dies
genau so kritisch zu hinterfragen.

Pressekontakt:
Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Zentralredaktion
Telefon: 0201 / 804-6528
zentralredaktion@waz.de