WAZ: Das Reich der Reichen. Kommentar von Christopher Shepherd

Wenn man liest, über welches Vermögen der reichste
Mensch der Welt verfügt, kann einem schlecht werden. Aber nicht vor
Neid – sondern vor Abscheu über die Auswüchse des Kapitalismus, die
es dem Mexikaner Carlos Slim ermöglichen, die Kleinigkeit von 69
Milliarden Dollar anzuhäufen. Laut Forbes-Liste gibt es weltweit 1226
Milliardäre, die zusammen 3,5 Billionen Euro halten. Zum Vergleich:
Der Gesamthaushalt des Bundes für 2012 beträgt gerade 306 Milliarden
Euro. Wie viel Gutes könnte man mit den Billionen der Superreichen
bewirken? Und das nicht nur in Entwicklungsländern, sondern auch in
einem Industrie-Staat wie Deutschland, in dem im Ruhrgebiet jedes
vierte Kind von Hartz IV lebt. Was kann man gegen solche
Ungerechtigkeiten tun? Reiche enteignen? Das geht nicht in unserem
Staat, der den Besitz jedes Bürgers richtigerweise schützt. Die
Vermögenssteuer in die Höhe schrauben? Die Erfahrungen haben gezeigt,
dass das nicht viel bringt und Steuerflucht fördert. Wer hohe
Vermögen abschaffen will, müsste vielmehr unser Wirtschaftssystem
komplett umkrempeln. Doch jede Bundestagswahl zeigt, dass die
Mehrheit der Bürger das auch nicht will.

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