Der Jugendmedienschutz-Staatsvertrag sollte
Sichtsperren für Heranwachsende im Internet errichten – stattdessen
legt er den Blick frei auf die politischen Verhältnisse in NRW. Das
bevölkerungsreichste Bundesland hat sich in einer fast beispiellosen
Volte aus der parlamentarischen Verabschiedung eines längst
unterzeichneten Vertrages gestohlen. Dem gut gemeinten, aber schlecht
gemachten Jugendschutz-Vorhaben braucht man vielleicht keine Träne
nachzuweinen. Der politischen Verlässlichkeit in NRW hingegen sehr
wohl. Vor allem die CDU gibt seit Wochen ein trostloses Bild ab. Sie
votiert nun gegen einen Vertrag, den sie im Sommer noch selbst
ausgehandelt hatte. Überhaupt fällt die stärkste Oppositionspartei
vornehmlich mit rituellen Klageandrohungen, Undiszipliniertheiten und
Aufräumarbeiten im eigenen Apparat auf. Dabei böte das rot-rot- grüne
Wackelbündnis ausreichend Angriffsflächen für pfiffige Attacken. Nur
ist CDU-Fraktionschef Karl- Josef Laumann erkennbar kein Generalist
und Neu-Parteichef Norbert Röttgen eher um das Weltklima bemüht als
im Düsseldorfer Tagesgeschäft zuhause. „Angriff und Alternative“
hatte die CDU der Minderheitsregierung vollmundig versprochen. Ein
halbes Jahr nach dem Regierungswechsel ist von beidem wenig zu
erkennen.
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