WAZ: Der beleidigte Papst – Kommentar von Christopher Onkelbach

Wer ins Visier der Satire gerät, kann selten darüber
lachen. So schwer es zu ertragen sein mag: Satire meint es meist
nicht persönlich. Wäre es so, wäre es keine Satire. Sie zielt nicht
auf die Person des Papstes, will nicht persönlich beleidigen, sondern
richtet ihre Spitze gegen die Institution, die der Papst vertritt.
Und die sollte auf solche Karikaturen nicht nur souverän reagieren,
sondern jede fundamentalistisch klingende Reaktion vermeiden. Denn
wir wollen vom Papst auf keinen Fall auch nur ansatzweise an die
Reaktionen auf die Mohammed-Karikaturen erinnert werden. Ironie,
Satire und Kunst haben sich seit jeher an den Mächtigen gerieben. Das
ist erlaubt, ja, es ist sogar ihre Aufgabe. Und die Könige, Päpste
und Machthaber müssen es aushalten. Ein Verbot solcher Kritik würde
unser Gemeinwesen verändern. Sicher, es kommt auf den Ton an, doch
muss solche Kritik nicht schön oder gefällig sein. Im Gegenteil,
gerade das Schräge, Irritierende, ja, auch Hässliche hinterfragt die
konsensfähigen und marktgängigen Vorstellungen oft viel wirksamer.
Schon häufig hat die tabufreie „Titanic“ Päpste aufs Korn genommen,
zuweilen mit noch deutlich drastischeren Darstellungen. Den Missmut
Benedikts kann man nachvollziehen. Doch vielleicht wäre es klüger
gewesen, in päpstlicher Würde darüber hinwegzusehen.

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