Die Verfassungsrichter sind um ihre Aufgabe nicht zu
beneiden: Wie auch immer sie in Sachen Euro entscheiden – ihr Urteil
kann weitreichende Folgen haben. Setzen sie die Instrumente zur
Euro-Rettung aus, könnten Rettungsschirm und Fiskalpakt vor dem Ende
stehen. Geben sie aber grünes Licht für eine Ratifizierung der
Verträge, riskieren sie, dass Tatsachen geschaffen werden, die nicht
mehr rückgängig zu machen sind. Entsprechend groß ist der Druck auf
das Gericht. Einige Politiker schickten gar öffentlich Mahnungen
Richtung Karlsruhe, die Gesetze nicht zu stoppen und möglichst
schnell zu entscheiden. Das ging so weit, dass den Richtern der
nötige Sachverstand zur Beurteilung der diffizilen Materie
abgesprochen wurde. Dieser Vorwurf ist absurd. Die Richter prüfen
allein, ob das Regelwerk gegen die Verfassung verstößt oder nicht.
Dass sie dabei – ob sie wollen oder nicht – letztlich auch eine
politische Entscheidung fällen, haben auch jene Politiker zu
verantworten, die nun das Gericht unter Druck setzen. Denn die Eile,
mit der im Bundestag die Euro-Rettungsgesetze durchgepaukt wurden,
hat die Zweifel an deren Sinnhaftigkeit zusätzlich genährt. Die
Politik hat es versäumt, den Euro auf eine solide Basis zu stellen
und gleichzeitig den Menschen plausibel und nachvollziehbar zu
erklären, warum die Gemeinschaftswährung auch für Deutschland ein
Gewinn ist. Nun haben die Juristen das Wort. Sie haben angedeutet,
sich für ihre Entscheidung Zeit zu nehmen. Das ist gut so.
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