WAZ: Einwanderung im Streit. Kommentar von Ulrich Reitz

Ursula von der Leyen hat schon erfolgreich die
früher arg traditionelle Familienpartei CDU modernisiert. Nun sägt
sie am nächsten Tabu. Die CDU soll nicht länger
Anti-Einwandererpartei sein.

Merkels Ministerin will gezielt Ingenieure und Ärzte aus Übersee
nach Deutschland holen. Spitzenkräfte, die dem Sozialstaat nicht auf
der Tasche liegen, im Gegenteil: Sie sollen helfen, einen eklatanten
Nachwuchs-Mangel abzuschaffen. Einwanderungs- als Industriepolitik
nach nationalem Interesse, darin liegt der große Wandel, zugleich der
Tabubruch in von der Leyens eigener Partei.

Bislang war nur die CSU gegen die neue Einwanderungspolitik. Sie
pflegte die alten Reflexe. Nun aber kommt auch die SPD,
NRW-Arbeitsminister Schneider, aus der Deckung und sagt: Gezielte
Einwanderung darf nur stattfinden, wenn es in Deutschland für diese
Jobs definitiv keine Anwärter gibt.

Das ist neu. Bislang konnte man annehmen, die SPD sei
grundsätzlich ausländerfreundlich. Dem gewerkschaftlich geprägten
Arbeitsminister liegt aber an der Abschottung des deutschen
Arbeitsmarktes mehr als an Einwanderung. Und von der Leyen hat es
überraschend mit einer zweiten Front zu tun.

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