WAZ: Fall Amri genau beleuchten – Kommentar von Tobias Blasius zum Berliner Anschlag

Die CDU zieht kurz vor der Landtagswahl das
schärfste Schwert des Parlamentarismus. Ein Untersuchungsausschuss
mit gerichtsähnlichen Befugnissen soll die NRW-Verwicklungen im Fall
Amri durchleuchten. Bis zum Wahltag am 14. Mai, so das Kalkül,
könnten wichtige Behördenunterlagen gesichtet und erste Zeugen
öffentlichkeitswirksam vernommen werden. Es war zu erwarten, dass
sich die Union beim Großthema „innere Sicherheit“ diese Chance nicht
würde entgehen lassen.

Abseits aller Parteitaktik spricht viel für den U-Ausschuss. Den
schlimmsten islamistischen Anschlag in Deutschland mit zwölf Toten
verübte ein Mann, der in NRW gemeldet war und hier als „Gefährder“
geführt wurde. Die Erklärungen von Innenminister Jäger, der
Rechtsstaat sei „bis an seine Grenzen“ gegangen und machtlos gewesen,
gehören überprüft. Die neuesten Erkenntnisse über eine vorschnell
beendete Video-Überwachung Amris in Berlin legen nahe, dass
Fehleinschätzungen kein exklusives NRW-Problem waren. Für Verletzte
und Hinterbliebene wäre es eine gute Nachricht, wenn nun jeder vor
der eigenen Türe kehren würde.

Pressekontakt:
Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Zentralredaktion
Telefon: 0201 – 804 6519
zentralredaktion@waz.de

Original-Content von: Westdeutsche Allgemeine Zeitung, übermittelt durch news aktuell