WAZ: Gentests an Embryonen. Kommentar von Christopher Onkelbach

Jahrelang wurde diskutiert – ethisch, politisch,
religiös und medizinisch. Es ging um Menschenwürde und Behinderung,
Lebensrecht und Selektion. Auch der Bundestag hat sich mit dem Gesetz
zur PID schwer getan. Das war richtig, denn mit dem Verfahren
sortieren Mediziner kranke Embryonen aus, die im Zweifelsfall
vernichtet werden. Die Mehrheit im Bundestag stimmte dem zu,
allerdings in engen Grenzen. Erlaubt ist die PID nur, wenn Paare
genetisch vorbelastet sind. Eine Beratung ist zwingend vorgesehen,
zudem muss eine Ethikkommission den Antrag bewerten. Allein die
Prozedur einer künstlichen Befruchtung im Reagenzglas ist eine große
Belastung. Die Hürden sind also hoch. Ein Verfahren, das Embryonen
massenhaft durchcheckt, wird die PID daher kaum werden. Doch bleiben
Fragen offen: Was eine „schwerwiegende Schädigung“ des Embryos ist,
wird nicht präzisiert. Und: Da die Zahl der Behandlungszentren nicht
begrenzt ist, wird es keine einheitlichen Standards geben, wann eine
PID angewendet werden darf und wann nicht. Zu befürchten ist ein
Durcheinander ethischer Bewertungen. Der medizinische Fortschritt hat
diese Debatte aber bereits weit hinter sich gelassen. Neue Verfahren
erlauben es, das gesamte Erbgut eines Ungeborenen noch im Mutterleib
zu entschlüsseln. Ethisch ist dies eine neue, immense
Herausforderung. Was diese Methoden für das Verständnis von
lebenswertem oder nicht lebenswertem Leben bedeuten, ist nicht
absehbar.

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