WAZ: Geschwächter Präsident – Kommentar von Ulrich Reitz

Der Bundespräsident hat sich endlich entschuldigt.
Er hätte es längst tun müssen. Er hofft auf weihnachtlichen Frieden.
Nun kann man Fehlverhalten heilen. Es gilt Jesus– Mahnung an die
Adresse von Pharisäern: Wer ohne Schuld ist, der werfe den ersten
Stein. Ob der Heilungsprozess funktioniert, liegt nun freilich nicht
mehr in der Hand von Christian Wulff. Darüber entscheiden andere. Das
Volk, das bislang jedoch noch jedes Staatsoberhaupt getragen hat,
weil jemand da sein muss, zu dem sich aufschauen lässt. Ob Wulff noch
Vorbild sein kann, steht heute aber noch nicht fest. Die
Koalitionsparteien, die dem Präsidenten zu seinem Amt verholfen haben
und, wenn es denn gerade noch geht, dessen Neuwahl verhindern wollen.
Wulffs Ende könnte nämlich ihr Ende sein. Die Opposition, die
allerdings an einem als eher schwach wahrgenommenen Präsidenten
interessiert ist. Wulff kann es also schaffen. Er wird aber nicht
mehr so frei reden können wie vor der Affäre, etwa über die Gier (von
Banken). Dies ist kein kleines Handicap. Der Präsident hat ja nur
sein Wort.

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