WAZ: Kinderlachen ist Leben
– Kommentar von Wilfried Goebels

Allein die Tatsache, dass ein Gesetz geändert werden
muss, damit Kinder in einem Wohngebiet ungestraft toben dürfen, ist
ein Armutszeugnis. Wer Kindergeschrei wie die Senioren-Union mit dem
Hämmern eines Pressluftbohrers vergleicht, verabschiedet sich als
Lobbyist aus jeder ernsthaften Debatte. Kindergärten werden mit
Klagen wegen Lärmbelästigung überzogen. Richter urteilen zugunsten
von Anwohnern, denen der benachbarte Spielplatz den Nachmittagsschlaf
raubt. Ein kinderfreundliches Umfeld sieht anders aus. Es gibt viele
Gründe, warum Deutschland bei der Geburtenrate auf einem
Abstiegsplatz rangiert. Und die Renten werden auch nicht sicherer,
wenn in unseren Wohnvierteln Friedhofsruhe statt Kinderlachen den Ton
angibt. Man kann nur hoffen, dass die Mehrheit der Senioren-Union
ihrem Vize Kuckart ordentlich den Marsch bläst. Dessen Vorwurf, dass
Kinderlärm gegen das Grundgesetz verstößt, ist geradezu
haarsträubend. Kinderlachen ist Leben. Die meisten Rentner blühen in
der Nähe ihrer Enkel sichtbar auf. Natürlich haben auch Senioren
einen Anspruch auf Ruhe und Erholung. Das kann aber nicht so weit
gehen, dass Kindertagesstätten künftig in Gewerbegebiete ausgelagert
werden müssen. Kindergärten gehören dorthin, wo Kinder leben – in die
Wohnviertel.

Pressekontakt:
Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Zentralredaktion
Telefon: 0201 / 804-6528
zentralredaktion@waz.de