Neue Westfälische (Bielefeld): Kommentar: Hartz IV-Reform gescheitert
Muskelspiele
ALEXANDRA JACOBSON, BERLIN

Politik zum Kopfschütteln und zum Abgewöhnen:
Nach sieben Wochen Verhandlungen sind Regierung und Opposition mit
ihrer Hartz IV-Reform gescheitert. Das ist in höchstem Maße
ärgerlich. Schließlich geht es hier um die Umsetzung eines
Verfassungsgerichtsurteils, das bereits zum 1. Januar greifen sollte.
Sowohl Regierung als auch Opposition waren unfähig, sich auf den Kern
ihres Auftrags zu konzentrieren. Es ging darum, verfassungsfeste
Regelsätze herzustellen und vor allem die Bildungsteilhabe für
bedürftige Kinder abzusichern. Dazu wäre es allerdings notwendig
gewesen, die Kommunen finanziell ausreichend auszustatten.
Schließlich braucht es Geld, um den armen Kindern sowohl warme
Mittagessen als auch Nachhilfe oder Sportaktivitäten zu garantieren.
Schwarz-Gelb hat aber das Bildungspaket nicht ausreichend finanziert.
Die Kommunen haben die Angst, auf einem Großteil der Kosten sitzen zu
bleiben. Doch die SPD und die Grünen haben sich auf diesen Kern nicht
konzentriert. Sie wollten mal grundsätzlich ihre Muskeln spielen
lassen und haben die Verhandlungen mit Forderungen überfrachtet.
Sozialarbeiter für Brennpunktschulen wären sicherlich zu begrüßen –
aber das muss nicht im Hartz IV-Verfahren geregelt werden. Und der
Mindestlohn für die Zeitarbeit ist weiterhin dringend erforderlich –
aber seine Durchsetzung gehört nicht zum Auftrag aus Karlsruhe.
Allerdings hat sich die Regierung auf die Ausweitung der Verhandlung
eingelassen – um es sich zum Schluss wieder anders zu überlegen. Die
schwarz-gelbe Verhandlungsstrategie war undurchsichtig. Falls
Schwarz-Gelb am Freitag keine Mehrheit im Bundesrat erreicht, muss
die Regierung mit der Opposition weiter verhandeln. Diese Blamage
bliebe Merkel und Co. dann nicht erspart. Regierungskunst sieht
wahrlich komplett anders aus.

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