WAZ: Lafontaine war das Problem. Kommentar von Miguel Sanches

So kann man sich täuschen. So hat sich Oskar
Lafontaine getäuscht: Er war nicht Teil der Lösung. Er war Teil des
Problems. Mit seiner Bewerbung für den Vorsitz der Linken hat er die
Linkspartei gespalten, in Ossis und Wessis, hier die Reformer und
dort die Radikallinke. Also zog er gestern seine Kandidatur zurück,
aus Einsicht und mutmaßlich auch aus einem Gefühl der Kränkung
heraus. Es wäre nicht der „krönende Abschluss“ seiner Karriere
gewesen. Das hat er so gesagt, wortwörtlich, persönlich
nachvollziehbar, aber als demokratisches Lehrstück: ein Witz. Die
Linkspartei hatte sich total verheddert in der Führungsdebatte.
Seinen ersten Eignungstest hat Bartsch bestanden: Er behielt die
Nerven, ließ sich nicht einschüchtern. Bartsch ist der richtige Mann.
Er ist 14 Jahre jünger als Lafontaine und er kommt aus der Mitte der
Partei. Das ist immer noch der Osten. Außerdem steht er für einen
Kurs der Annäherung an Rot-Grün, während sich Lafontaine an der SPD
abgearbeitet hat. Im Saarland hat die Linke verloren, in NRW und in
Schleswig-Holstein ist sie sogar bedeutungslos. Trotz Lafontaine. Es
gibt – das zeigen diese Wahlen – eine linke Mehrheit, die nicht zum
Zuge kommt. Das wichtigste Hindernis hat sich gestern selbst aus dem
Weg geräumt. Aber Störpotenzial hat Oskar Lafontaine immer noch. Sie
sollten ihn ja nicht zum Ehrenvorsitzenden küren. Einer wie
Lafontaine würde glatt die Ehre mit dem Vorsitz verwechseln.

Pressekontakt:
Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Zentralredaktion
Telefon: 0201 – 804 6519
zentralredaktion@waz.de