WAZ: Rösler ist angeschlagen. Kommentar von Walter Bau

Ein gutes halbes Jahr nach dem mit großen
Erwartungen befrachteten Wechsel an der Parteispitze ist in der FDP
Ernüchterung eingekehrt. Philipp Rösler hat nicht den erhofften Schub
gebracht. Die Umfragewerte bleiben im Keller, die Stimmung an der
Basis ist mies, der neue Chef fremdelt im Amt. Der Wechsel von
Westerwelle zu Rösler hat die Partei keinen Schritt nach vorn
gebracht. Rösler agiert bislang zumindest glücklos, gelegentlich
wirkt er überfordert. Statt die Partei für andere Themen zu öffnen,
beharrt er stur auf Steuersenkungen und stellt mit Finanzminister
Schäuble ein Konzept vor, das gleich wieder revidiert werden muss.
Die Außenwirkung ist desaströs. Nun, beim Mitgliederentscheid zum
Euro-Rettungsschirm, bringt Rösler auch große Teile der eigenen
Partei gegen sich auf. Tatsächlich zeugt die vorzeitige Verkündung
des Scheiterns der Abstimmung von mangelndem Instinkt. Eine Ablösung
des Parteichefs ist derzeit unwahrscheinlich. Ein erneuter Wechsel
nach nur sieben Monaten wäre eine Blamage, zudem bietet sich kein
Nachfolger an. Doch Rösler ist angeschlagen. Und wie schnell ein Chef
abgelöst werden kann, hat Westerwelles Abgang gezeigt.

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