WAZ: Russischer Widerstand – Kommentar von Gudrun Büscher

Wladimir Putin, russischer Regierungschef und
Präsident im Wartestand, greift tief in die politische Mottenkiste.
Er beschuldigt die USA, die Proteste in seinem Land anzustacheln und
fällt damit in alte Muster, die dem erstaunten Publikum noch aus dem
arabischen Frühling in den Ohren klingen. Es ist nicht die einzige
Parallele. Hier wie dort fühlten und fühlen sich die Menschen nicht
ernst genommen von der Staatsgewalt. Doch von einem politischen
Frühling oder vom Herbst des Patriarchen Putin ist Russland weit
entfernt. Der Widerstand gegen die selbstgefällige Machtausübung der
politischen Klasse wächst aber. Russland erwacht langsam. Und in
Putins „gelenkter Demokratie“ verlagert sich der Protest
unkontrolliert aus dem Internet auf die Straße. Auch wenn es noch
keine russische Revolution ist, die sich da formiert, sind die
Proteste nicht ungefährlich für Putin und Medwedew. Sie müssen ihren
Kurs korrigieren: Dialog und Aufklärung der Manipulationsvorwürfe
statt Knast und Knüppel für die Kritiker. Ein „lupenreiner Demokrat“,
wie sein Freund Gerhard Schröder behauptet, war Putin nie. Was er
wirklich ist, zeigt sich jetzt.

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