Die Wissenschaft für ihre Ziele in Stellung zu
bringen, ist eine probate Strategie der Politik. Das verleiht der
eigenen Position Glaubwürdigkeit und Unangreifbarkeit. Allerdings
muss man sich dann auch den Maßstäben der Wissenschaft unterwerfen.
Eine ideologische oder parteipolitische Deutung der Fakten muss
zwangsläufig den Unmut der betroffenen Forscher hervorrufen. Dies ist
Kristina Schröder nicht zum ersten Mal passiert. Schon 2008 hatte sie
vor „Deutschenfeindlichkeit“ gewarnt und sich dabei auf den
Kriminologen Christian Pfeiffer bezogen. Der bezeichnete ihre
Interpretation anschließend als Missbrauch seiner Befunde. Man muss
es zumindest unklug nennen, ungenau und wertend mit den Fakten
umzugehen, zumal auf einem so sensiblen Gebiet wie Ehrenmorde oder
Zwangsehen. Das Problem ist zu wichtig, um im Streit um Zahlen und
Methoden zerrieben zu werden. Es gibt sie, doch als Munition im
Streit, ob Religion die Quelle der Gewalt ist, taugt die Studie
nicht. Das aber scheint die Ministerin im Sinn gehabt zu haben. Was
die Zahlen tatsächlich offenbaren, ist dies: Das Beratungssystem in
Deutschland versagt. Es muss viel mehr gegen Zwangsehen geschehen.
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