WAZ: Undurchsichtig – Kommentar von Wolfgang Mulke

Niemand außer der Bahn selbst kann sagen, wie teuer
die Reisen für viele Fahrgäste ab Dezember werden. Die Ticketpreise
werden nicht für alle Strecken in gleicher Weise angehoben. Auf
beliebten langt die Bahn stärker zu als auf unbeliebten. Das
Unternehmen hält damit an zwei schlechten Traditionen fest: Es melkt
seine Stammkunden und pflegt den Tarifdschungel. Ob höhere Preise
angesichts steigender Gewinne und mangelhafter Qualität
gerechtfertigt sind, darauf gibt es keine eindeutige Antwort. Die
Bahn ist, obgleich im Staatsbesitz, ein privatwirtschaftliches
Unternehmen und deshalb an hohen Gewinnen interessiert. Diese braucht
der Konzern für Investitionen. Wenn der Markt Preiserhöhungen
hergibt, ist das Verhalten der Bahn legitim. Anders fällt die Wertung
aus verkehrspolitischer Sicht aus. Da ist ein möglichst breites und
günstiges Angebot der beste Weg, mehr Kunden in die Züge zu locken,
um verstopfte Straßen zu entlasten. Eine Entscheidung für die zweite
Variante ist Sache des Eigentümers Bund. Der hält sich, vielleicht
mit Blick auf erwartete Dividendenzahlungen der Bahn, aus allem raus.

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