Die horrenden Preise für moderne Krebstherapien
überlasten die Gesundheitssysteme und behindern den Zugang von
Patienten zu lebenswichtigen Medikamenten. Die Ursache ist ein
fehlgeleitetes Patentsystem. Anlässlich des Weltkrebstages am 4.
Februar fordert Ärzte der Welt die Regierungen dazu auf, alle ihnen
zur Verfügung stehenden Mittel zu nutzen, um diesen Patentmissbrauch
zu verhindern.
Die Zahl der Krebsdiagnosen wächst und liegt in Europa inzwischen
bei rund 3,7 Millionen im Jahr. Begleitet wird diese Entwicklung von
einem weiteren besorgniserregenden Trend: Die steigenden Kosten neuer
Therapien. Dass eine Krebsbehandlung zwischen 50.000 und 90.000 Euro
pro Jahr und Patient kostet, ist nichts Ungewöhnliches mehr. Doch
damit ist das Limit noch lange nicht erreicht: Die vor einigen
Monaten in Europa zugelassenen sogenannten Car-T-Zell-Therapien
schlagen mit zwischen 300.000 und 350.000 Euro pro Patient zu Buche.
Vor diesem Hintergrund wird es den staatlichen Gesundheitssystemen
immer schwerer fallen, den Zugang jedes Patienten und jeder Patientin
zu den bestmöglichen Medikamenten sicherzustellen.
Die exorbitanten Preise werden hervorgebracht durch ein
Patentsystem, das es großen Pharmaunternehmen ermöglicht, zwanzig
Jahre alte Monopole aufrecht zu erhalten, und garantiert, dass sie
keinen Wettbewerb durch Generika oder Biosimilare, also ähnliche
Nachahmerpräparate, fürchten müssen.
Lange Zeit waren Patente auf medizinische Wirkstoffe darauf
ausgerichtet, Forschung und Entwicklung voranzutreiben. Doch das
Patentsystem ist erheblich von seinen ursprünglichen Prinzipien
abgerückt und zunehmend Missbrauch ausgesetzt.
Tatsache ist, dass die Pharmariesen nur wenig in Forschung
investieren. Neue Präparate werden von Start-Ups hervorgebracht und
dann für hohe Preise – oft im Milliardenbereich – von großen
Unternehmen gekauft. Yescarta®, die CAR-T-Zelltherapie von Gilead,
wurde zum Beispiel nicht von dem Konzern selbst, sondern von Kite
Pharma entwickelt, das Gilead 2017 für 12 Milliarden Dollar gekauft
hat.
Klar ist auch, dass die hohen Summen, die den Staaten aufgebürdet
werden, die Kosten für Fusionen und Übernahmen enthalten. Damit
kommen die Bürger mit ihren Steuern und Versicherungsbeiträgen für
diese spekulativen Deals auf. Die Regierungen beteiligen sich also an
einem Missbrauch von Steuergeldern für den privaten Profit – auf
Kosten der Gesundheit und der Leben der Erkrankten.
Als die Regeln für pharmazeutische Patente festgelegt wurden,
haben die Staaten Zwangslizenzen vorgesehen, um Monopole zu umgehen,
wenn es für die öffentliche Gesundheit notwendig war. Dieses
Werkzeug, das inzwischen völkerrechtlich anerkannt ist, erinnert
daran, dass das Grundrecht auf den Zugang zu medizinischer Versorgung
Bedingung für Arzneimittelpatente sein muss.
Regierungen haben die Pflicht, sicherzustellen, dass ihre
Gesundheitssysteme zukunftsfähig sind. Sie müssen dem Zugang zu
Gesundheitsversorgung für alle gegenüber den privaten Interessen
Weniger Priorität einzuräumen. Auf dem Spiel steht nichts weniger als
unsere Gesundheit und unser Leben.
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Stephanie Kirchner
Referentin Öffentlichkeitsarbeit
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