Westdeutsche Zeitung: Der Klimagipfel in Warschau steht vor unlösbaren Aufgaben – Umweltschutz kontra Wirtschaftsinteressen Ein Kommentar von Lothar Leuschen

Es muss kein Prophet sein, wer dem Klimagipfel
ab heute in Warschau bestenfalls mittelmäßige Ergebnisse voraussagt.
Denn die Umwelt hat es grundsätzlich nicht leicht im Politikbetrieb
der Industrienationen. Das ist umso problematischer, als eben diese
Nationen die Hauptschuld daran tragen, dass es dem Planeten nicht gut
geht.

Inzwischen sind sich die Wissenschaftler in aller Welt zu fast 100
Prozent sicher, dass der Mensch die Wurzel vieler Übel ist. Sei es,
dass die Wälder sterben oder abgeholzt werden, sei es, dass der
Kohlendioxidwert in der Atmosphäre und folglich die
Durchschnittstemperatur der Erde weiter steigen. Sehr wahrscheinlich
ist auch, dass dieser Temperaturanstieg Wetterkatastrophen mit
Tausenden von Toten wie derzeit auf den Philippinen mitverursacht.

Es gibt also einige gute Gründe, in Warschau über Auspuff- und
Treibgase, über den Umgang mit dem Regenwald und über die Umwelt
schlechthin zu sprechen. Das wird sicher auch geschehen, aber wohl
ohne konkrete Ergebnisse.

Der Grund dafür liegt auf der Hand. Politik wird für
Legislaturperioden gemacht, nicht für Dekaden. Wer in vier Jahren
wiedergewählt werden will, der muss dem heute Wahlberechtigten
gefallen und nicht dem, der vielleicht erst in 20, 30 oder 40 Jahren
sein Kreuzchen macht. So erklärt sich auch, dass die umweltpolitisch
an sich beispielhafte Energiepolitik Deutschlands ihre Grenze da hat,
wo Einschnitte unmittelbar schmerzhaft werden könnten.
Bundeskanzlerin Angela Merkel lehnt schärfere Grenzwerte für den
Kohlendioxidausstoß von Autos ab, weil ein ganzer Industriezweig
davon betroffen wäre. Daimler Benz, Audi und auch Porsche
beispielsweise sind mit Fahrzeugen, die durch ihre Größe mehr
Kraftstoff verbrennen müssen, weltweit erfolgreich. Das sichert
Arbeitsplätze in Untertürkheim, Ingolstadt und Zuffenhausen.

Umweltpolitik kollidiert mit Wirtschaftsinteressen. Während
Deutschland etwa mit seiner Energiewende dennoch ökologisch zu
handeln versucht, laufen Klimaschützer bei den größten Übeltätern,
den USA, Indien und China, vor Wände. Deshalb ist es nicht
prophetisch, wenig vom Klimagipfel zu erwarten.

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