Junge Menschen, die nach einem perfiden Plan
Ausländer ermorden, Banken ausrauben und im bürgerlichen Rechtsstaat
ihren Todfeind erkannt haben – diese Mörder und Neonazis haben
offenkundig mehr als ein Jahrzehnt unerkannt mitten in Deutschland
leben können. Das ist ein beispielloser Skandal, sein Ende ist noch
nicht abzusehen. Denn nun wird die Lampe der Aufklärung in ein
besonders trübes Schattenreich gehalten, dort, wo sich in einer
Grauzone Verfassungsschützer, V-Leute und beinharte Nazis tummeln.
Man darf gespannt sein, was noch alles bekannt wird.
Was man jetzt schon weiß, ist bizarr genug. Eingestellte Verfahren
gegen das spätere Killer-Trio, ein Verfassungsschützer, der
mindestens einmal am Tatort war und in seiner Heimat angeblich als
„kleiner Adolf“ bekannt war – das sind Details, die einen an der
Kompetenz der Sicherheitsbehörden zweifeln lassen. Mehr noch: Sollte
es sich herausstellen, dass Staatsbedienstete vom Treiben der
Neonazis gewusst haben, wäre das schlicht kriminell und müsste mit
aller Härte bestraft werden.
Lückenlose Aufklärung ist also das Gebot der Stunde. Darauf haben
vor allem die Angehörigen der Opfer ein Recht. Sie haben über Jahre
hinweg nicht gewusst, warum ihr Vater, Mann oder Bruder sterben
musste. Die Täter sind nun bekannt, jetzt müssen alle Hintergründe
auf den Tisch – ohne Rücksicht auf Behörden.
Dieser Aufgabe muss sich auch die Politik stellen. Vor allem darf
sie sich nicht mit einer Diskussion über ein NPD-Verbot begnügen.
Diese Debatte ist ein Reflex, sie wird immer dann geführt, wenn es am
rechten Rand rumort. Sie lebt von der irrigen Vorstellung, man könne
Fremdenfeindlichkeit wegverbieten. Doch dem Phänomen NSU
(Nationalsozialistischer Untergrund) wird man so nicht gerecht. Hier
haben sich extrem Gewaltbereite zusammengefunden, die ihre schlimme
und menschenverachtende Ideologie mit der Waffe in der Hand
auslebten.
Diese Terroristen muss man mit dem Gesetz bekämpfen. Die
Instrumente dafür sind vorhanden, die deutsche Demokratie ist
gefestigt genug, um diese Auseinandersetzung mit offenem Visier und
voller Selbstvertrauen zu führen. Dazu gehört auch eine intensive
Kontrolle der Verfassungsschützer. Sie ist überfällig.
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