Westdeutsche Zeitung: Weshalb Schavan zurücktreten muss = von Olaf Steinacker

Der Doktortitel ist weg – und der Schaden da.
Nicht nur für Bildungsministerin Annette Schavan, die nach der
Entscheidung der Düsseldorfer Heinrich-Heine-Universität als
überführte Plagiatorin ohne akademischen Abschluss dasteht. Auch die
Universität sieht nach dem quälend langen Verfahren nicht gut aus.
Ihr werden von renommierten Wissenschaftlern Verfahrensfehler
vorgeworfen. Zudem muss sich Schavans Doktorvater und somit die
Hochschule fragen lassen, ob die nun festgestellte systematische und
vorsätzliche Täuschung nicht schon 1980 hätte auffallen müssen.

Dennoch ist die Schuld für den Titelentzug nicht bei der
Universität zu suchen, auch nicht bei den selbst ernannten
Plagiatsjägern, die im Internet Gutachter spielen, sondern bei
Schavan selbst. Sie muss folglich auch die Konsequenzen ziehen – und
die können nur den Rücktritt als Ministerin bedeuten. Die Gründe
liegen auf der Hand.

Selbstverständlich muss sie als Bildungsministerin nicht
promoviert sein, der Ruf einer Ressortchefin, die in der
Öffentlichkeit als Täuscherin wahrgenommen wird, ist aber ein für
alle Mal dahin. Trotz ihrer verbleibenden Ehrendoktorwürden kann
Schavan kaum erwarten, als oberste Repräsentantin von Wissenschaft
und Forschung ernst genommen zu werden. Das dürfte auch Kanzlerin
Merkel so sehen, die ihrer Parteifreundin zwar offiziell den Rücken
stärkt, aber bereits verlauten ließ, nach Schavans Rückkehr in Ruhe
mit ihr reden zu wollen. Im Wahlkampf ist eine angezählte Ministerin
eher Belastung als Hilfe – und die Kanzlerin ist nicht dafür bekannt,
sich allzu lange mit Ballast aufzuhalten.

Für einen Rücktritt spricht auch Schavans Verhalten während der
gesamten Affäre. Souverän war das nicht. Als Beschuldigte hat sie
versucht, direkt und indirekt Einfluss auf die Entscheidung der
Universität zu nehmen: mit der Drohung, gegen den Entzug der
Doktorwürde zu klagen; indem sie die Vorwürfe als Kampagne abtat;
weil sie für sich Sonderrechte, sprich weitere Gutachten,
einforderte; weil sie der Uni ein Redeverbot verpassen ließ. Auch die
Öffentlichkeit wollte sie beeinflussen – durch die alberne Umdeutung
ihrer Fehlleistungen als Flüchtigkeitsfehler. Auch dabei darf man der
Noch-Ministerin wohl eine leitende Täuschungsabsicht unterstellen.

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