Geld ist gedruckte Freiheit, schrieb
Dostojewskij. Natürlich ist Freiheit sehr viel mehr als Geld, aber
ohne Geld wird zumindest der Handlungsspielraum stark eingeengt,
stellt sich die Frage nach Investitionen oder gar Zukunft kaum noch.
Insofern ist Dostojewskijs Satz nicht nur für Philosophen
interessant, sondern auch für Haushälter und Politiker. Man muss es
ja nicht gleich halten wie Ovid, der in Versform meinte, »besorge dir
Geld, wenn du kannst auf ehrliche Weise, wenn nicht, dann hole es dir
irgendwie«. Im Deutschland des Jahres 2011 scheint man eher Ovid zu
folgen und die führenden Politiker in Süddeutschland sind offenbar
der Meinung, das sei auch die Maxime mancher Kollegen, wenn es um den
Länderfinanzausgleich geht. Solidarität ja, aber nicht um jeden
Preis. Gestern haben die Regierungen von Hessen, Bayern und
Baden-Württemberg deshalb eine Verfassungsklage beschlossen, um den
Länderfinanzausgleich zu reformieren. Im Jackpot liegen sieben
Milliarden Euro. Diese Summe fließt jedes Jahr von den drei
Geberländern via Finanzausgleich zu den Nehmerländern. Damit soll
Schluss sein. Nicht, weil man die Solidarität aufkündigen will. Nein,
Mappus, Seehofer und Bouffier ärgern sich über Kollegen wie Wowereit
oder Beck, die aus dem Finanzausgleich Kindergärten kostenlos
anbieten und demnächst auch den Schulbus bezahlen wollen, während man
in Hessen, Bayern und Baden-Württemberg auf solche Vergünstigungen
verzichtet. Das kann Mappus seinen Schwaben nicht mehr vermitteln.
Erst recht nicht, dass Wowereit bereits mit weiteren Milliarden aus
dem Ländertopf hantiert, ohne selbst Sparanstrengungen zu
unternehmen. Das verstößt gegen den Geist des Ausgleichs. Der soll
nämlich eine Hilfe zur Selbsthilfe sein. Dass und wie das geht,
machen die Sachsen vor. Sie haben in den vergangenen Jahren den
Gürtel enger geschnallt und seit 2006 Haushalte ohne Neuverschuldung
vorgelegt. Regierungschef Tillich besteht zwar darauf, dass die
Vereinbarung des Länderfinanzausgleichs bis 2019 gilt, aber er sieht
durchaus die Notwendigkeit, dass die Nehmerländer sich einer
Haushaltsdisziplin unterwerfen und nicht wie jetzt
Nordrhein-Westfalen Haushalte mit gigantischer Neuverschuldung
vorlegen. Das ist politisch nicht einfach und die Kunst Tillichs
bestand auch darin, die eigenen Leute vom Sparen zu überzeugen,
obwohl Sachsen nach Biedenkopf und Milbradt schon solide da stand.
Aber das zeichnet einen Staatsmann eben aus, dass er an die Zukunft
des Landes, sprich an das Gemeinwohl denkt, und nicht zuerst an seine
Partei. Insofern ist die neue Runde im Streit um den
Länderfinanzausgleich auch eine Art Lackmustest für die
Politikfähigkeit. Solide (Haushalts-)Politik schafft Freiräume,
unsolide verschafft sich Geld, irgendwie.
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