Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum Urteil im FallÖzmen

Es war ein Urteil, das schon deshalb in die
juristische Literatur eingehen wird, weil es so gut wie niemals
vorkommt, dass jemand wegen »Beihilfe zum Mord durch Unterlassen«
verurteilt wird. »Unterlassen« – das beschreibt die Weigerung Fendi
Özmens, in der Tatnacht seinen erwachsenen Kindern, die Arzu entführt
hatten, die Umkehr zu befehlen. Denn gegen den Willen des
Patriarchen, da war sich das Gericht sicher, hätten die Geschwister
Arzu nicht hingerichtet. So war der Vater ein paar hundert Kilometer
entfernt, als die Schüsse fielen – und muss nun trotzdem wegen
Beihilfe zum Mord mehrere Jahre absitzen. Mit ihrem jetzt
rechtskräftigen Urteil haben die Detmolder Richter ein Zeichen
gesetzt. Für »Ehrenmord« und Blutrache ist in Deutschland kein Platz.
Und das Prinzip, das entbehrlichste Familienmitglied zum Mörder zu
bestimmen, ist keine Garantie mehr für die Hintermänner, straffrei zu
bleiben. Das Urteil ist ein Signal an patriarchische Gesellschaften,
in denen oft noch die Überzeugung herrscht, Frauen hätten sich
unterzuordnen und seien anderenfalls zu bestrafen. Es ist ein gutes
Urteil.

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