Welch ein Desaster für die CDU in Hamburg: Der
Start ins Superwahljahr kommt einer Pleite gleich, wie sie die Partei
an der Elbe noch nie erlebt hat. Innerhalb von nur zwei Jahren verlor
die CDU nach dem Scheitern der schwarz-grünen Koalition mehr als 20
Prozentpunkte – also etwa 250 000 Wähler. Das zeigt, wie heftig und
schnell eine Partei abstürzen kann, wenn sie die falsche Politik mit
dem falschen Personal macht. Hauptverantwortlich für die Schlappe in
der Hansestadt ist neben politischen Fehlern ein ehemaliger
Hoffnungsträger. Ole von Beust galt als Garant des schwarz-grünen
Projekts. Als der ehemalige Bürgermeister die Brocken hinwarf,
wandten sich die Wähler enttäuscht ab. Nachfolger Christoph Ahlhaus
hatte es schwer. Um sein biederes Image aufzupeppen, ließ er sich mit
Hochglanzfotos in der Illustrierten »Bunte« ablichten. Die Bilder in
Schlossherrenmanier entstanden in einem Hamburger Nobelhotel und
machten Ahlhaus noch unbeliebter, als er ohnehin schon war. Er wird
trotz seiner Abwahl in die Geschichte der Stadt eingehen: als
Hamburgs Bürgermeister mit der kürzesten Amtszeit. Der strahlende
Sieger zum Auftakt des Superwahljahres heißt Olaf Scholz. Mit seiner
neuen, zurückhaltenden Art und einer wirtschaftsfreundlichen Politik
hat er den Nerv der Hanseaten getroffen. Obwohl Hamburg nicht gleich
Sachsen-Anhalt (Wahl am 20. März) und erst recht nicht
Baden-Württemberg (27. März) ist, wird die schwächelnde SPD auf
Bundesebene an Selbstbewusstsein hinzugewinnen. Der Sieg von Scholz
mit absoluter Mehrheit ist auch ein Erfolg des liberalen Kurses
innerhalb der SPD und zugleich eine Niederlage des linken Flügels um
Parteichef Gabriel. Scholz selbst könnte nach diesem Ergebnis sogar
in die Reihe der SPD-Kanzlerkandidaten aufsteigen, aber das ist noch
Zukunftsmusik. Erst mal muss er unter Beweis stellen, dass sein Kurs
der Mitte mit einer Partei zu vereinbaren ist, in der
Gewerkschaftsbosse im Schattenkabinett bereits auf ihren Einsatz
warten. Die Grünen haben mit Zitronen gehandelt. Sie ließen die
Koalition platzen und haben teuer mit dem Machtverlust im Hamburger
Rathaus bezahlt. Ihre Taktik ist nicht aufgegangen. Die Hamburger
haben die GAL zu Recht auf die harte Oppositionsbank geschickt. Für
die FDP ist der Einzug in die Hamburger Bürgerschaft ein ganz neues
Gefühl. Die Liberalen haben von der Schwäche der CDU profitiert. Der
Erfolg an der Elbe macht den Liberalen Mut. Den hat die Partei
angesichts ihrer insgesamt schwierigen Lage allemal nötig. Auch wenn
die SPD etwas anderes behaupten wird: Die Hamburg-Wahl wird die
Kräfteverhältnisse im Bundesrat zwar leicht verändern, Auswirkungen
auf die folgenden sechs Wahlen auf Landesebene sind nicht zu
erwarten. Bundespolitisch hat nur eine einzige der kommenden
Landtagswahlen echte Bedeutung: die in Baden-Württemberg in fünf
Wochen.
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