Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zur italienischenÜbergangsregierung

Mit der Besetzung des italienischen
Übergangskabinetts greift der neue Premier Mario Monti das in Italien
verbreitete Misstrauen gegenüber Berufspolitikern auf – nicht
uneigennützig. Es geht schließlich auch um sein Renommee. Dennoch
wird er mit seiner Regierungsbank ohne Politiker vielen Bürgern aus
der Seele sprechen. Fest steht: Ärzte, Juristen und Lehrer gibt es
auch in deutschen Politikerkreisen genug. Das heißt aber nicht, dass
ein Arzt gleich ein guter Gesundheitsminister oder eine Lehrerin die
bessere Schulministerin ist. Experten sind zwar grundsätzlich gut. Es
ist vielmehr die parlamentarische Tretmühle, die viele zu Opfern von
Lobbyismus und Parteiraison mutieren lässt. Ein solches Kabinett
aufzustellen, ist ein mutiges Experiment. Es darf aber nicht
vergessen werden, dass es nur eine Lösung für den Übergang ist.
Abhängig vom Parlament – somit Berufspolitikern – bleibt Monti
ohnehin. Wirkliche Schlagkraft bekäme dieser Weg erst dann, wenn er
nach den Neuwahlen auch fortgesetzt würde. Dann könnten die Italiener
beweisen, ob eine Regierung ohne Berufspolitiker wirklich
funktioniert.

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