Lange nicht mehr war Deutschland so radikal in
Ost und West geteilt wie bei der diesjährigen Rentenerhöhung. Fast
zweieinhalb Jahrzehnte nach dem Fall der Mauer verkehrt sich das
historische Bild ins Gegenteil: Echter Zuschlag im Osten, lange
Gesichter im Westen. Das ist kein postsozialistisches Hexenwerk,
sondern nüchterne Mathematik. Wenn die Löhne im Osten nahezu dreimal
so stark steigen wie im Westen, dann hat das eben Auswirkungen auf
das Rentenniveau. Gleichwohl sollte beiderseits der früheren Mauer
Freude herrschen über den Aufbau Ost, der hoffentlich über kurz oder
lang den Soli-Zuschlag überflüssig macht. Abzüglich der Inflation
bleibt auch im Osten nur ein leichtes Plus, im Westen sinkt die
Kaufkraft der Rentner sogar. Klar ist somit: Sogar in Jahren
brummender Konjunktur sind üppige Rentenzuschläge kaum mehr zu
erwarten. Das ist der Beitrag der heutigen Rentenbezieher zum
Generationenvertrag, der den Jüngeren eine immer längere
Lebensarbeitszeit und die wachsende Notwendigkeit zur privaten
Vorsorge zumutet. Das ist nicht schön, aber für beide Seiten halbwegs
gerecht.
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