Westfalen-Blatt: Konfliktforscher sieht Rechtsextremismus als längst etabliert an

Nach Ansicht des Bielefelder Konfliktforschers
Professor Andreas Zick ist der Rechtsextremismus in Deutschland
längst etabliert. Das sagte der Wissenschaftler dem Bielefelder
„Westfalen-Blatt“ (Donnerstagsausgabe).

Deutschland habe den rechten Terror unterschätzt, sagte der
49-Jährige der Zeitung. „Probleme, die man nicht gerne hat,
unterschätzt man leicht. Wir haben seit Jahren eine immer härtere
Form rechter Gewalt. Dass sich dann eine Terrorzelle bilden kann, lag
nahe, war absehbar.“

Derzeit sei das große Problem, so Zick, „dass sich viele Gruppen
wieder auf den Straßenkampf konzentrieren. Wenn die Hemmschwelle
einmal überschritten ist, sind auch rechtsextreme Amokläufe in
Zukunft nicht ausgeschlossen.“

In der Vergangenheit sei „bei Straftaten mit rechtsradikalem
Hintergrund nicht so genau hingeguckt“ worden. „Der Rechtsextremismus
ist sehr stark etabliert. Das sind nicht nur rechtsextreme Parteien,
die in Parlamenten agieren. Die gewaltbereiten Rechten, die jederzeit
zuschlagen könnten, werden auf 5000 bis 6000 Personen geschätzt. Sie
sind in ein großes Freundschaftsnetzwerk eingebunden, das viel größer
ist.“

Besonders im Osten Deutschlands hätten sie sich „verfestigt, weil
die rechtsextreme Szene dort nach der Einheit Erfolgsmöglichkeiten
sah. Menschen in der ehemaligen DDR haben Orientierung gesucht. Es
gab viele Verlierer. Die Rechtsextremen haben vor Ort Jugendliche
rekrutiert und sich eingenistet.“

Zick forderte: „Wir müssen mit Projekten rein in die Regionen und
aufklären. Das wirkt. Nicht nur der Verfassungsschutz hat Fehler
gemacht. Viele Bürger haben die Gardinen zugezogen, um das Problem
nicht sehen zu müssen.“

Ein Lösungsansatz sei es, Aussteigern aus der rechten Szene zu
helfen. „Dazu braucht es mehr Geld für Aussteigerprogramme wie »Exit«
oder die Plattform »Netz gegen Nazis«. Sie sind unterbesetzt und nur
für wenige Jahre finanziert, danach verschwinden sie.“ Hier müsse nun
investiert werden, sagte Zick: „Es geht schließlich um die Rettung
demokratischer Grundwerte.“

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