Die Buch-Branche versteht sich zu Recht als
Frühwarnsystem gesellschaftlicher Entwicklungen. Unsere globale Welt
dreht sich mehr denn je um das Wort, funktioniert mit Bücherwissen.
Daraus resultiert eine neue Zweiklassengesellschaft. Wer mangels
Lesekompetenz nicht am Ideentransfer teilhaben kann, wird sozial am
Rand bleiben – und diese Schere geht immer schneller immer weiter
auf. Die Branche hat viele Veränderungen überlebt. Mal fürchtete man,
dass Kopiergeräte das Buch überflüssig machen, dann das
Speichermedium CD. Nichts davon ist eingetreten. Ist also die Angst
vor dem Internet und den Netzpiraten ähnlich hysterisch? Vermutlich
nicht, denn seit der Erfindung der Druckerpresse gab es keine
vergleichbare Medienrevolution. Das Urheberrecht bleibt das Herzstück
jeder Wissensgesellschaft. Entsprechend ist die Debatte um das
geistige Eigentum und seinen Schutz das Thema der Frankfurter
Buchmesse. Nach wie vor sucht die Branche Strategien, wie sich das
Internet in die Verwertungskette integrieren lässt. Raubkopien sind
indessen nur ein Aspekt des Problems. Es geht um einen Wertewandel,
der längst Realität ist, wie das Beispiel Amazon zeigt. Der
US-Internethändler und globale Buch-Marktführer ist Vertrieb, nicht
Verlag. Er fegt derzeit den stationären Buchhandel von der Landkarte.
Inhaltliche Kriterien spielen keine Rolle, entscheidend sind die
Verkaufszahlen. Das ist die eigentliche Herausforderung für die
deutschsprachige Branche, die so stolz auf ihre Vielfalt ist und
darauf, dass sie anspruchsvolle Literatur mit Bestsellern
subventionieren kann. Dieser Reichtum wird nur bestehen bleiben, wenn
zwischen Verlag und Kunde auch in Zukunft der lesende Buchhändler
steht – digital oder real.
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