Westfalenpost: Glaubwürdigkeit bleibt auf der Strecke Von Knut Pries

Die Entgiftung von Autoabgasen hat sich zu einem
besonders unerfreulichen Stück europäischer Gesetzgebung entwickelt,
und Deutschland spielt dabei keine gute Rolle. Dabei geht es nicht um
irgendeine Nebensächlichkeit. Es geht um ein Thema, das in mehrfacher
Weise wichtig ist, auch den normalen Bürgern. Erstens, weil die
meisten Auto fahren, zweitens weil sie sich um Wachstum und
Arbeitsplätze sorgen, und drittens weil ihnen sehr wohl daran liegt,
dass Klima und Umwelt nach Kräften geschont werden.

Die daraus folgenden verschiedenen Gesichtspunkte sind, wieder
einmal, nicht einfach auf einen Nenner zu bringen. Vor allem die
Balance zwischen den Anliegen der deutschen Autobauer, die mit großen
Modellen ihre besten Geschäfte machen, und denen der Umweltschützer
ist heikel. Merkel verfolgt dabei die Linie: Weniger CO2 ist gut,
solange es den Daimlers, BMWs, Audis und Porsches nicht wehtut. Was
ihnen angeblich allzu weh tut, hat man in Berlin indes erst im
zweiten Zugriff gemerkt: Nachdem die Unterhändler des Ministerrats,
des Parlaments und der Kommission im Juni eine Einigung erzielt
hatten, und zwar im Rahmen ihres jeweiligen Mandats – also eines
Verhandlungsauftrags auch im Namen der Bundesregierung.

Erst als die Industrie massiv bei der Kanzlerin vorstellig wurde,
machte die sich daran, den auf einmal unakzeptablen Deal noch zu
stoppen, und sei es durch robust erzwungene Verzögerung. Zweierlei
bleibt auf der Strecke: Die Glaubwürdigkeit des jetzt erneut und
wider allen Augenscheins von Umweltminister Altmaier unverdrossen
erhobenen Anspruchs auf eine „Vorreiterrolle beim Umweltschutz“. Und
die kluge Sorgfalt beim Umgang mit den kleineren Partnerstaaten.

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