Der Arztberuf zählt ohne Zweifel zu den besonders
verantwortungsvollen Professionen. Deshalb muss, wer Arzt werden
will, eine lange Ausbildung durchlaufen. Die Approbation setzt ein
mindestens sechsjähriges Medizinstudium voraus; wer Facharzt werden
oder sich niederlassen will, muss noch mehrere Jahre als
Assistenzarzt an einer Klinik oder in einer Praxis arbeiten. Die
Zulassung setzt also hohe Hürden, auch zum Schutz der Patienten. Der
Fall des niederländischen Arztes in Bad Fredeburg ist deshalb ein
doppelter Skandal: Einmal, weil es hier eine große Lücke im System
gibt, wenn ein Mediziner in Holland keine Patienten mehr behandeln
darf, überall sonst in der Europäischen Union aber schon. Zum
anderen, wenn sich bewahrheiten sollte, dass die Klinikleitung,
namentlich der Chefarzt, schon länger von der Vergangenheit ihres
Honorar-Beschäftigten wusste – und trotzdem nicht einschritt. „Im
Zweifel für den Angeklagten“ soll der Chefarzt dieses Verhalten
verteidigt haben. Das ist ein wichtiger juristischer Grundsatz,
fürwahr; in der Medizin aber sollte immer gelten: Im Zweifel für den
Patienten. Ein europäisches Melderegister ist also vonnöten, besser
gestern als heute. Darüber sollte es keine zwei Meinungen geben, auch
der bürokratische Aufwand müsste sich in Grenzen halten lassen. Dass
der Fredeburger Skandal einen Honorararzt betrifft, ist kein Zufall.
Das aber nur, weil die Lücke im Zulassungssystem bei Leihärzten
besonders groß ist. Grundsätzlich jedoch gilt: Honorarärzte sind
nicht notwendig die schlechteren Mediziner. Dass sie frei und nicht
fest angestellt arbeiten, kann viele Gründe haben. Etwa, dass sich so
mehr Geld verdienen lässt – was nicht unredlich ist. Die Sicht der
Patienten ist natürlich eine andere: Sie wünschen sich feste
Ansprechpartner, wiederkehrende Gesichter, auch im Krankenhaus. Die
Kliniken können das nicht immer bieten. Honorarärzte sind für sie das
kleinere Übel: besser als gar kein Arzt. Umso wichtiger ist es, dass
dann genau geschaut wird – und werden kann.
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