Westfalenpost: Kommentar zu Urheberrecht: Politik muss nachlegen /Ein guter Tag für Komponisten und Autoren /Von Torsten Berninghaus

Das Urteil, das die Musik-Verwertungsgesellschaft
GEMA gestern vor dem Landgericht Hamburg gegen die Video-Plattform
YouTube erstritten hat, ist ebenso weitgehend wie wegweisend. Wenn
man den Richterspruch zu Ende denkt, wurde klar gemacht, dass
Kunstschaffende und Autoren trotz aller digitalen
Weiterverbreitungs-Möglichkeiten auch fürderhin an den Früchten ihrer
Arbeit partizipieren sollen. Kurz gesagt: Wenn ein
Internet-Dienstleister mit Inhalten anderer Geld verdient, muss er
diese an den Gewinnen angemessen beteiligen. Zumindest aber, und das
steht im Urteil, muss er in Beschwerdefällen dafür sorgen, dass keine
weiteren Urheberrechts-Verletzungen auf seiner Plattform passieren.
Im vorliegenden Fall hatte die GEMA die Sperrung ausgewählter
Musik-Titel auf der vom Google-Konzern betriebenen Video-Plattform
YouTube beantragt. Dabei ging es natürlich nur vordergründig um die
zwölf genannten Songs. Im Kern nämlich sollte festgestellt werden,
dass der Betreiber einer Internetplattform nicht nur ein
Bereitsteller von Technik ist. Vor allem dann nicht, wenn er daraus
ein Geschäftsmodell macht – wenn er also an den von Dritten
eingestellten Inhalten via Werbeverträge – wie im Fall YouTube – gut
verdient. Unabhängig davon aber braucht es mehr als nur dieses eine
Urteil. In Wahrheit nämlich geht es um einen organisierten
Interessenausgleich zwischen Rechte-Inhabern und Nutzern von Filmen,
Musikstücken oder Texten. Dieser Interessenausgleich, den die Politik
bisher schuldig geblieben ist, muss dringend erarbeitet werden. Denn
das Urheberrecht stammt aus dem Jahr 1965. Damals dachte niemand an
digitale Daten oder gar ans Internet, das Dateien in Echtzeit in den
hintersten Winkel der Welt zu befördern vermag. Unter dem Strich
bleibt: Die Weiterentwicklung des Urheberrechts ist kein
Nischen-Thema, sondern ein zentrales gesellschaftspolitisches
Anliegen. Nur ein gerechter Ausgleich zwischen den Anliegen der
Autoren und Kulturschaffenden einerseits und der Informationsfreiheit
und dem Datenschutz andererseits wird dem digitalen Zeitalter gerecht
und kann auch den jährlich 800 000 Abmahnverfahren ein Ende
setzen.

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