Westfalenpost: Verlorenes Vertrauen zurückgewinnen Kommentar zum Verfassungsschutz von Wilfried Goebels

Nach Pannen und Skandalen in den letzten Jahren
steckt der Verfassungsschutz bundesweit in der größten Krise seiner
Geschichte. Die „Schlapphüte“ haben Vertrauen verloren – nicht erst
seit der viel zu spät aufgeklärten Mordserie des
Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU). Weil sich Berichte über
dubiose V-Leute und auf dem rechten Auge blinde Verfassungsschützer
häuften, verschärfen Bund und Länder die Kontrolle des
Staatsschutzes. Jeder Demokrat muss Interesse daran haben, dass
unsere Verfassung geschützt wird. Deshalb sind linke Forderungen, den
Inlandsgeheimdienst gleich ganz abzuschaffen, unverantwortlich. Im
Gegenzug steht der Verfassungsschutz in einer demokratischen
Gesellschaft aber auch unter Beobachtung. Das NPD-Verbotsverfahren
scheiterte daran, dass eingeschleuste Spitzel vom Staat Geld
kassierten für Informationen und V-Leute bis in die NPD-Spitze
vordrangen. Dieses Debakel darf und soll sich nicht wiederholen. Auch
künftig will NRW nicht auf V-Leute als Frühwarnsystem verzichten.
Doch die V-Leute sollen streng geprüft werden und klare Regeln
beachten. Es wird spannend sein zu beobachten, wie Transparenz und
Geheimdienstarbeit verknüpft werden können. Dass sich der Dienst in
NRW auf gewaltbereite Salafisten, Rechts- und Linksterroristen
konzentrieren will, ist konsequent. Dabei muss die Kontrolle der
Foren im Internet technisch verbessert werden. Entscheidend ist, dass
der Verfassungsschutz nicht in einer rechtlichen Grauzone wirkt,
sondern rechtsstaatlich abgesichert arbeitet. Dann, nur dann, können
die Dienste verlorenes Vertrauen zurückgewinnen. Aber auch dies gilt:
Ein Verfassungsschutz, der gar nichts darf, funktioniert nicht.

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