Auch böse Taten können Gutes bewirken. Der Fall
Uli Hoeneß beweist es. Seit sein Vergehen bekannt wurde, erreicht die
Zahl der Selbstanzeigen schwindelerregende Höhen. Inzwischen steht zu
befürchten, dass Finanzämter und Staatsanwaltschaften derart
ausgelastet sind, dass die Überprüfung des Wahrheitsgehalts der
Selbstbezichtigungen so viel Zeit in Anspruch nehmen kann, dass
häufig Verjährung eintreten dürfte. Gleichwie, der Steuersünder
Hoeneß hat für mehr Steuermoral in Deutschland gesorgt; mehr als die
vereinten Kräfte von Politik und Justiz bislang erreichen konnten.
Rechnet man noch den Effekt des unablässigen Ankaufs von Steuer-CDs
hinzu, so ist die Republik auf einem guten Weg zu beinahe
paradiesischen Zuständen – wären da nicht die unzähligen
Schlupflöcher und Begünstigungen für Unternehmen und Begüterte.
Warum, bitte schön, muss man auf Einkommen bis zu 50 Prozent
abführen, auf Kapitalerträge aber nur 25 Prozent? Diese Debatte muss
geführt werden. Noch so viele positive Effekte des Falles Hoeneß
dürfen jedoch nicht bewirken, dass ihm ein Bonus gewährt wird. Darauf
genau arbeitet der Angeklagte hin. Er räumt größere Schuld ein, als
ihm die Ermittlungsbehörden bislang vorwarfen. Sein Anwalt wiederum
scheint nicht einmal sicher zu sein, dass die 18,5 Millionen Euro die
Endsumme sind. Es hat durchaus etwas staatsbürgerlich Erbauliches,
wenn Männer oder Frauen großen Auftretens und starker Worte vor
Gericht auf Normalgröße schrumpfen. Das belebt die Hoffnung, dass
vielleicht doch vor Gericht alle gleich sein könnten. Das aber wäre
nur der Fall, wenn Hoeneß– zweifellos vorhandene Großherzigkeit als
Spender nicht verrechnet würde mit seiner Steuerhinterziehung. Nur
dann könnte auch die Kassiererin, die verurteilt wurde, weil sie zwei
gefundene Pfandbons im Wert von zusammen 1,30 Euro eingelöst hatte,
den Glauben an den Rechtsstaat zurückgewinnen.
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