Ärzte der Welt-Projekt in München zieht Jahresbilanz: Zahl der Patienten stark gestiegen, Regierung muss handeln

Der Bedarf von Menschen, denen zahlreiche
Barrieren den Zugang zum staatlichen Gesundheitssystem teilweise oder
ganz versperren, ist im vergangenen Jahr in München deutlich
gewachsen. Das zeigen die Patienten- und Konsultationszahlen von
Ärzte der Welt.

Im vergangenen Jahr wurden in der medizinischen Anlaufstelle und
bei mobilen Einsätzen 822 Personen behandelt und beraten – 2016 waren
es 446. Die Zahl der neuen Klient(en)innen hat sich mit 682 mehr als
verdoppelt. Angesichts dieser Entwicklung fordert Ärzte der Welt die
Regierenden zum Handeln auf.

„Um die vielen Menschen, die durch das Raster des Regelsystems
fallen, angemessen versorgen zu können, haben wir zusätzliche
Sprechstunden angeboten und sind 89 Einsätze mit unserem
Behandlungsbus gefahren. Unsere ehrenamtlichen Mitarbeiter haben rund
5.000 Stunden investiert. Angesichts der massiven Lücken in der
staatlichen Gesundheitsversorgung stoßen wir jedoch regelmäßig an
unsere Grenzen“, erklärt Projektleiter Cevat Kara.

Ähnliche Erfahrungen machen auch die Mitarbeiter der Ärzte der
Welt-Projekte in Berlin, Stuttgart und Hamburg. Das Ausmaß des
Problems ist schwer zu beziffern, doch Studien zufolge haben
Hunderttausende in Deutschland keinen oder nur einen eingeschränkten
Zugang zu medizinischer Versorgung. Betroffen sind nicht nur
arbeitssuchende und prekär beschäftigte Menschen aus anderen
EU-Ländern, deren Situation sich durch das Anfang 2017 in Kraft
getretene sogenannte Leistungsausschlussgesetz massiv verschlechtert
hat. Die zweitgrößte Gruppe, die Ärzte der Welt in München behandelt,
sind deutsche Staatsbürger, zum Beispiel Selbstständige, die sich die
Krankenversicherungsbeiträge nicht (mehr) leisten können.

Die bayrische Hauptstadt hat erste Schritte unternommen, um die
Versorgung von Münchner Patient(en)innen zu verbessern. So hat das
Sozialreferat Ende des vergangenen Jahres beschlossen, die Kosten für
Krankenhausaufenthalte von hilfsbedürftigen EU-Bürger(inne)n bei
akuten und lebensbedrohlichen Erkrankungen wieder zu übernehmen. Das
Gleiche gilt nun auch für Geburten. Außerdem wird über die
Einrichtung einer Clearingstelle beraten, die prüfen soll, ob eine
Person Anspruch auf Leistungen im regulären Gesundheitssystem hat.
Der bereits vorhandene Notfallfonds für Einwohner ohne
Krankenversicherung soll ausgebaut werden.

Dennoch bleibt in München und bundesweit viel zu tun. Wir fordern
daher, dass das Menschenrecht auf Gesundheitsversorgung in den
Koalitionsverhandlungen thematisiert wird. Die zukünftige
Bundesregierung muss dringend diskriminierende Hürden beseitigen, um
dieses Menschenrecht zu garantieren!

Pressekontakt:
Stephanie KIRCHNER
Referentin Öffentlichkeitsarbeit
Ärzte der Welt
Leopoldstr. 236, 80807 München
t. +49 (0) 89 45 23 081-294
@ stephanie.kirchner@aerztederwelt.org

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