Olaf Scholz musste sich zum Start der einwöchigen
Haushaltsberatungen im Bundestag einiges anhören. Er sei ein
emotionsloser Nachlassverwalter des Schäuble-Erbes, schimpft die FDP.
Er verteile die Steuermilliarden lustlos mit der Gießkanne, würge die
Investitionen des Bundes ab, urteilen Grüne und Linke. Über „Olaf
Schäuble“ wird da bereits gespottet. Das ist verfrüht.
In zwei Monaten musste ein Haushalt gezimmert werden, der den
Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD abbildet. Und darin stecken
viele gute Sachen für Familien, Rentner, Alleinerziehende,
Auszubildende und Schulen. Das wird im öffentlichen Gerangel um
Abschiebungen, Bäcker Lindner oder ein Foto-Shooting
deutsch-türkischer Fußballnationalspieler mit dem autoritären
Präsidenten Erdogan schnell übersehen.
Deutschland geht es im neunten Aufschwungjahr infolge unverändert
blendend. Dass Scholz die bei der jüngsten Steuerschätzung
vorausgesagten zusätzlichen Spielräume von knapp elf Milliarden Euro
zum Teil für steuerliche Entlastungen der Mittelschicht und für den
Internetausbau nutzen will, ist richtig. Ebenso vernünftig ist es,
dem Ruf der Union nach immer neuen Milliarden für die Bundeswehr zu
widerstehen.
So ist Scholz– Strategie, das reichlich vorhandene Steuergeld
nicht sofort mit vollen Händen zu verteilen, nachvollziehbar. Die
Deutschen schätzen besonnene und knauserige Finanzminister. Olaf
Scholz hat einen Vertrauensvorschuss verdient. Er sollte ihn aber
nutzen.
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