Sagen wir–s mal fußballerisch: Nach diesem
Wochenende ist eigentlich im Team kein Platz mehr für Jogi Löw und
für Horst Seehofer. Markus Söder braucht dringend Regeneration in der
Eistonne, wie es Per Mertesacker bei der WM 2014 vorexerziert hat.
Und noch jemand muss da hinein: Angela Merkel. Die CSU ist mit
eineinhalb blauen Augen davongekommen. Und Hauptverantwortlicher für
die Stimmenverluste ist, das zeigen Umfragen, Horst Seehofer, auch
wenn Merkel, Söder und Alexander Dobrindt einen Anteil an der Misere
hatten. Bayern zeigt nicht zuletzt, dass die AfD-Bäume nicht in den
Himmel wachsen, Gott sei Dank. Die ganz großen Gewinner sind die
Grünen, der ganz große Verlierer ist die SPD, der fast schon die
Höchststrafe droht: Mitleid. Und nun? Es ist kaum vorstellbar, dass
die Grünen mit einer Regierungsbeteiligung belohnt werden – falls die
Ökopartei das überhaupt als Belohnung empfinden würde. Es ist kaum
vorstellbar, dass die CSU mit den Grünen eine Regierung bilden will
und kann, denn es würde viel mehr erfordern als einen
Paradigmenwechsel: Die CSU müsste unglaublich viel von dem über Bord
werfen, was seit vielen Jahren ihren genetischen Code ausmacht. Wie
sollten Kompromisse zwischen Grünen und CSU in der Flüchtlingspolitik
aussehen, oder beim Polizeigesetz? Das ist eben etwas völlig anderes
als zwischen den Regierungsparteien CDU und Grüne in
Baden-Württemberg und Hessen. Die CSU hat recht: Gegen sie ist keine
Koalition möglich. Sie hat den Regierungsauftrag – sie hat aber auch
die verdammte Pflicht und Schuldigkeit darüber nachzudenken, warum
sie abgestraft wurde. Darüber, wie sehr zuerst die parteiinterne
Abwatscherei zwischen Seehofer und Söder und dann die unsägliche
Seifenoper des Bundesinnenministers in Berlin, vor allem gerichtet
gegen Merkel, die Bürger abschreckt. Auch sollte den Christsozialen
zu denken geben, dass sie viel Stadtklientel verliert; da brennen
Probleme wie Mieten und Kitaplätze schmerzlich auf den Nägeln. Merkel
kann mit Recht darauf verweisen, dass Seehofer viel Unheil
angerichtet hat. Sie muss aber auch zugeben, dass ihre Regierung
insgesamt bislang vieles schuldig blieb. Und da geht es nicht „nur“
darum, dass sehr viele Bürger immer noch keine klareren Konturen in
der Flüchtlingspolitik erkennen können, sondern etwa auch um das
Chaos in der Diesel-Frage. Höchstwahrscheinlich wird die Hessen-Wahl
in zwei Wochen über Merkels politisches Schicksal entscheiden. Wenn
die CDU dort eklatant verliert, wird sie sich in ihren Ämtern als
Parteivorsitzende und Regierungschefin kaum halten können. Ein
Tiefschlag für Volker Bouffier träfe sie unmittelbar. Bouffier ist
ihr letzter bislang wirklich starker Verbündeter. Wolfgang Schäuble
dagegen ging ausgerechnet am Sonntag via Interview klar auf Distanz
zu ihr. Sehr überraschend, vor allem sehr enttäuschend. Nicht nur für
Merkel.
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