Im Parlament nichts Neues. Wer sich von der
Befragung des Verteidigungsministers und von der anschließenden
Debatte im Bundestag einen nachhaltigen Erkenntnisgewinn versprochen
hatte, wurde enttäuscht. Offensichtlich ist in der Plagiatsaffäre um
die Doktorarbeit von Karl-Theodor zu Guttenberg ein gewisser Grad der
Sättigung erreicht. Zumindest solange keine neuen Fakten auf den
Tisch kommen. Wer Guttenberg vorher für weiterhin ministrabel
gehalten hat, wird es auch heute noch tun. Wer schon vorher seinen
Rücktritt für notwendig erachtet hat, musste gestern ebenso wenig
einen Grund finden, von seiner Meinung abzurücken. Die Reihen der
Befürworter und der Kritiker sind fest geschlossen. Auch hat die
Auseinandersetzung um die Glaubwürdigkeit des Verteidigungsministers
endgültig die Niederungen des parteipolitischen Kalküls erreicht. Aus
dem naheliegenden und für alle gleichen Grund – die nächsten
Landtagswahlen stehen schon vor der Tür. SPD und Grüne haben ihre
anfängliche Vorsicht über Bord geworfen. Nachdem ihre Strategie –
»Guttenbergs Scheitern ist ein Selbstläufer« – nicht aufgegangen war,
folgte gestern der Frontalangriff. Dabei hat es die Opposition im
Plenum aber nicht vermocht, Guttenberg besonders in die Bredouille zu
bringen. Der Überraschungscoup blieb aus. Die Frage freilich bleibt,
ob ein solcher überhaupt möglich und ob er notwendig war, angesichts
dessen, was im Laufe einer einzigen Woche alles bekannt geworden ist.
Doch läuft die Zeit fortan für Guttenberg und gegen die Opposition –
getreu dem scheinheiligen Motto: »Haben wir denn wirklich nichts
Wichtigeres zu tun in unserem Land, als . . .« Das weiß auch das
schwarz-gelbe Regierungslager und steht entsprechend treu an der
Seite des Verteidigungsministers – zumindest nach außen. Kein Wunder,
hatte doch Kanzlerin Angela Merkel genau diesen Kurs vorgegeben. Und
im Moment spricht alles dafür, dass die dreiste Methode »Augen zu und
durch« tatsächlich zieht. Was freilich ein solches Krisenmanagement
langfristig für die Union bedeutet, die sich den bürgerlichen Werten
ganz besonders verpflichtet fühlt, steht auf einem anderen Blatt. Und
Karl-Theodor zu Guttenberg? Vom Ballast des Doktortitels befreit,
gesteht er nun wieder ganz freiherrlich »gravierende Fehler« ein und
spricht von einem »schlechten Signal für den Wissenschaftsbetrieb«.
Auch sei er »hochmütig gewesen, zu glauben, dass ich das alles
schaffen kann«. Neue Antworten gibt er keine. Er hält sie wohl auch
nicht für nötig, denn er ist sicher, dass seine Verteidigungslinie
steht. Sie lautet: »Ich habe weder bewusst noch vorsätzlich
getäuscht.« Um anschließend auf Nachfrage zu erklären, dass eine
Bewertung dieser Aussage ohnehin nur der treffen könne, der die
Arbeit auch verfasst habe – und das sei ja schließlich er selbst. Na,
was kann denn da noch schiefgehen?
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