Südwest Presse: Kommentar zur Aussenpolitik

Als sich die rot-grüne Bundesregierung wenige Wochen
vor der Bundestagswahl 2002 weigerte, am bevorstehenden Irak-Krieg
teilzunehmen, empörten sich zwei Oppositionspolitiker besonders laut.
Die damalige CDU-Vorsitzende Angela Merkel reiste prompt nach
Washington, um US-Präsident George W. Bush ihr Missfallen über
Kanzler Gerhard Schröder (SPD) zum Ausdruck zu bringen, und FDP-Chef
Guido Westerwelle warf dem amtierenden Außenminister Joschka Fischer
von den Grünen vor, mit dem deutschen Alleingang das Vertrauen in die
Bundesrepublik schwer und nachhaltig zu erschüttern. Und heute? Da
müssen sich Merkel und Westerwelle nach der Enthaltung zur
Libyen-Resolution im UN-Sicherheitsrat ihrerseits gegen den Verdacht
wehren, aus wahltaktischen Gründen aus der Solidarität mit den
westlichen Verbündeten ausgeschert zu sein. Klar, ein weiteres
militärisches Engagement der Bundeswehr in einer gefährlichen
Krisenregion stieße bei den Bundesbürgern auf wenig Gegenliebe. Aber
deswegen Krach mit Frankreich, Großbritannien und den USA sowie den
Verlust außenpolitischer Glaubwürdigkeit riskieren? Der Einzug
Deutschlands in den New Yorker Sicherheitsrat wurde zu Beginn des
Jahres als großer diplomatischer Erfolg der schwarz-gelben Koalition
gefeiert. Doch schon in den ersten Monaten verirrt sich Berlin auf
einem selbst gewählten Sonderweg. Alle jetzt nachgereichten
Begründungen der Kanzlerin und ihres Außenministers können nicht
darüber hinwegtäuschen, dass die deutsche Position schwer zu erklären
ist – den eigenen Landsleuten wie den internationalen Partnern.

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Lothar Tolks
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