Gleichgültig, resigniert, völlig antriebslos: Was
Experten von ihren Erfahrungen mit bildungsfernen Eltern erzählen,
lässt den Atem stocken und die Erkenntnis reifen: Vielen Kindern ist
tatsächlich geholfen, wenn jemand anderes für ihre Ernährung und
ihren Tagesablauf zuständig ist als Mutter oder Vater. Die Forderung,
Kinder in Schulen kostenlos mit Mittagessen zu versorgen, ist sicher
richtig – und doch halbherzig. Denn im Vergleich zu Frankreich oder
Skandinavien gibt es an deutschen Schulen keine Tischkultur, die ein
familiäres Essen ersetzen könnte. Meistens liefern Großküchen Stunden
vorher Gekochtes an, Lehrer sind dann längst zu Hause. Wenn zu Hause
noch nicht einmal ein Tisch steht, an dem Kinder essen oder
Hausaufgaben machen können, ist unser Schulwesen mit halbherzigen
Ganztagsangeboten keine Lösung. Man mag sich darüber ärgern, dass
Eltern sich nicht kümmern. Man mag versuchen, sie aufzuklären und aus
ihrer Lethargie zu holen. Doch zuerst muss die Gesellschaft den
Kindern helfen. Viele von ihnen blühen schnell auf, wenn sie
verlässliche Ansprechpartner haben, feste Essenszeiten und einen
Platz zum Lernen. Angesichts des dramatischen Geburtenrückgangs
können wir es nicht länger verantworten, weiterhin so viele junge
Menschen ihrem Schicksal zu überlassen.
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