Rheinische Post: Milde rächt sich Von Reinhold Michels

Der schreckliche Norweger Anders Breivik war
bis zu seinem Massenmord im vergangenen Juli ein unauffälliger
Rechtsextremist, ein stiller Fanatiker. Dann wurde er zum gnadenlosen
Exekutor. Das fürchterliche deutsche Trio, das sich nach einer
weiteren Festnahme zum Quartett – wenn nicht zu noch mehr –
ausweitet, agierte zumindest in seinen kriminellen Anfängen nicht so
unauffällig wie Breivik. Im Gegenteil, Sicherheitsbehörden, oder
sollte man besser sagen: Unsicherheits-Behörden in Thüringen hatten
die Drei früh auf dem Kieker. Es ist kaum zu verstehen, auf jeden
Fall blamabel, dass die Verdächtigen in ihren
„nationalsozialistischen Untergrund“ entkamen, von wo aus sie gezielt
im Stil eines kleinen ambulanten Terrorwerks Menschen, an denen sie
ihr Neo-Nazi-Exempel statuieren wollten, erschossen. Es muss nun
bohrende Fragen an Verfassungsschutz und Polizei besonders in
Ostdeutschland geben. Gab und gibt es dort beim Observieren und
Verfolgen des rechtsextremen Milieus zu viel Laxheit, in Einzelfällen
vielleicht sogar eine gewisse Sympathie? Dass Wachsamkeit der Preis
der Freiheit sei, wird oft erwähnt. Ebenso häufig siegt beim Kampf
gegen Kriminelle aller Art eine gesamtdeutsche Milde. Das rächt sich.

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