Rheinische Post: EU-Präsidentin Angela Merkel

Kommentar von Martin Kessler

Noch vor wenigen Tagen sah es so aus, als ob Deutschland durch die
Eurobond-Initiative von EU-Kommissionspräsident Barroso in die
Isolation gedrängt würde. Gestern haben Frankreichs Präsident Sarkozy
und Italiens neuer Premier Monti die Realitäten anerkannt. Nur unter
Führung Deutschlands bei aktiver Mitwirkung Frankreichs kann die
EU-Krise gemeistert werden. Ihre heiklen Pläne, die Europäische
Zentralbank in eine Krisen-Feuerwehr umzuwandeln und die Schulden der
gefährdeten Staaten in die Gemeinschaft aller Europäer zu überführen,
haben Sarkozy und Monti erst einmal beiseite gelegt. Die faktische
EU-Präsidentin Merkel weist auf ihre unaufgeregte Art inzwischen den
Weg. Die behutsame Dominanz der Deutschen ist nicht ohne Risiken für
den Zusammenhalt der EU. Als derzeit stärkste und effizienteste
Volkswirtschaft kann die Bundesrepublik zwar als einziger Staat den
Euro garantieren. Zugleich ist vielen Nachbarn die deutsche Führung
nicht geheuer. Außerdem kann diese Rolle Deutschland auch
überfordern. Die vergebliche Platzierung der Staatsanleihen am
Mittwoch war ein Warnschuss. Merkel braucht die Bereitschaft der
anderen, an der Euro-Rettung mitzuwirken. Und sie muss
Überzeugungsarbeit leisten, um wirtschaftlich solide Lösungen ohne
Eurobonds und Gelddrucken durchzusetzen.

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