WAZ: Kein Täterschutz – Kommentar von Dietmar Seher

Die Verfassungsrichter bleiben sich treu.
Datenschutz ist für sie seit 25 Jahren ein erstrangiges Gut, das
durch die Grundrechte zu schützen ist. Doch 1983, als das
Volkszählungsurteil zur Basis des Rechts auf informationelle
Selbstbestimmung wurde, gab es keine Handys und kein Internet. Die
Welt ist seither anders geworden. Die elektronische Kommunikation
beherrscht den Alltag, und sie ist – selbst die Nerds und ihre
Piratenpartei werden das so sehen – Plattform auch für eine
ausufernde und offenbar unkontrollierbare Kriminalität. Die vom
unbekannten Täter ins Netz gestellten Bilder vom Missbrauch des
Säuglings auf dem Badehandtuch waren eine Warnung. Urteile wie die
zur Vorratsdatenspeicherung und zur Telekommunikation, die die
Möglichkeiten von Polizei und Staatsanwaltschaften eher weiter
einschränken, scheinen da wie von vorgestern. Sind sie aber nicht.
Denn sie richten sich gar nicht gegen notwendige Ermittlungen. Auch
die Richter wollen Datenschutz nicht zum Täterschutz verkommen
lassen. Ihr Klartext gilt dem Gesetzgeber. Er muss der Polizei
juristisch wasserdichte Gesetze an die Hand geben. Verweigert er sich
dem, ist das ein Sicherheitsrisiko.

Pressekontakt:
Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Zentralredaktion
Telefon: 0201 – 804 6519
zentralredaktion@waz.de