Mittelbayerische Zeitung: Kontrolle ist besser Kommentar zu Beratungsprotokollen

Wenn in Deutschland etwas nicht funktioniert,
muss ein Gesetz her, das den Sachverhalt regelt. Diese Binsenweisheit
hat das Land nicht nur zum Weltmeister der Paragrafen gemacht, sie
drängt auch nicht selten eine Lösung in den Hintergrund, die besser
wäre, als der andauernde Ruf nach Justitia: der gesunde
Menschenverstand. Paradebeispiel ist das Beratungsprotokoll, das
Banken seit zwei Jahren ausfüllen müssen. Grund der Einführung war
mangelnder Durchblick, den viele Anleger beim Abschluss ihrer
Geldanlage hatten. Ging das Investment schief, war hinterher die
Klage groß, buchstäblich. Und es war egal, ob der Grund für das
Investment eine bewusste Falschberatung oder die Gier nach Gewinn bei
gleichzeitiger Ausblendung der Verlustgefahr war. Doch der
seitenlange Schrieb ändert nichts am Grundprinzip der Geldanlage,
dass Rendite und Risiko proportional sind – im Gegenteil: Er gaukelt
Anlegern eine Sicherheit vor, die es nicht gibt. Zu allem Überfluss
sind die Formulare schwerer zu verstehen als viele Anlageformen. Dem
Verbraucher wurde so ein Bärendienst erwiesen: Nach wie vor werden
viele Abschlüsse im guten Glauben, ohne Zeugen oder Rücksprache mit
einer zweiten Partei unterschrieben. Gute Anlageberatung lässt sich
jedoch nicht verordnen. Sie ist eine Sache des Vertrauens, noch
besser der Kontrolle. Und zwar vor der Unterschrift, egal welcher.

Pressekontakt:
Mittelbayerische Zeitung
Redaktion
Telefon: +49 941 / 207 6023
nachrichten@mittelbayerische.de