Neues Deutschland: Zum Vorschlag, Ungelernte in Kitas arbeiten zu lassen

In der Not frisst der Teufel Fliegen. So muss man
die Äußerungen des Städte- und Gemeindebundpräsidenten Roland Schäfer
interpretieren, der ab Mitte des nächsten Jahres ungelernte Kräfte in
Kitas einsetzen will. Sein Vorschlag zeigt, wie aufgeschmissen die
Kommunen beim lahmenden Ausbau von Kindertagesstätten sind. Ab Mitte
des kommenden Jahres gibt es einen Rechtsanspruch für alle Kinder
unter drei Jahren auf einen Platz. Die Politik nimmt an, dass rund 35
Prozent der Eltern diesen Anspruch wahrnehmen werden. Das sind
750 000 Plätze. Die aber gibt es noch nicht, mehr als
200 000 Kitaplätze und tausende Erzieherinnen fehlen noch.
Jetzt suchen die Kommunen nach schnellen Lösungsmöglichkeiten für das
Problem. Wird der Vorschlag Schäfers Realität, dann dürfte sich die
Betreuung in den Einrichtungen verschlechtern. Die Leittragenden
seines Notfallplans sind demnach zuallererst die Kleinkinder, die
eigentlich von qualifiziertem Personal und nicht von von
pädagogischen Neuanfängern beaufsichtigt werden sollten. Das Fatale
daran: Kollektive Erziehung in den ersten Lebensjahren ist für ein
Kind besonders wichtig. Dort entwickelt es sein Rollenverhalten,
lernt andere Kinder zu respektieren und erwirbt die Fähigkeit,
gemeinsam Probleme zu erkennen und zu lösen. Das zu vermitteln, ist
Aufgabe des Kitapersonals. Und ganz offensichtlich sind Ungelernte
trotz guter Absichten dazu nur sehr bedingt in der Lage – wenn
überhaupt.

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