Berlins Wissenschaft ist spitze. Diese Position in
Deutschland spiegelt sich in der neuen Runde der Exzellenzinitiative
wieder. Neben der Freien Universität hat sich im zweiten Anlauf auch
die Humboldt Universität den begehrten Status einer Elite-Hochschule
gesichert. Die Gutachter würdigten, wie sich Berlins Vorzeige-Unis
neu erfunden haben. Die FU schrumpfte sich von einer überfüllten,
politisch konstant überhitzten Massenveranstaltung zu einer
leistungsstarken, international vernetzten Bildungs- und
Forschungsstätte. Die HU wandelte sich von einer DDR-Kaderschmiede zu
einem der intellektuellen Zentren der Berliner Republik. Die FU kann
mit den weiteren Fördermillionen ihre Netzwerke in die Region hinein
enger knüpfen. Die HU bekommt finanziellen Rückenwind, um durch
organisatorische Reformen bessere Forschung und Nachwuchsförderung zu
ermöglichen. Der Schlüssel zum Erfolg Berlins war, dass die
Universitäten ihren Elfenbeinturm verlassen haben. Sie haben sich
untereinander und mit den vielen außeruniversitären Forschungsstätten
zusammengetan und deren Potenziale für sich erschlossen. Wenn man
zusammenzählt, was Berlin an Spitzeninstituten bietet, ist es
folgerichtig, dass die Stadt wie auch München zwei Eliteunis
verträgt. Die Landespolitik muss jetzt dafür sorgen, dass die mit
Bundes-Millionen gepäppelten Exzellenz-Projekte nicht im luftleeren
Raum schweben. Sie brauchen eine finanziell gut ausgestattete
Umgebung, vor allem weitere Investitionen in die Lehre. Studenten
können sich freuen, einen Elite-Forscher zu hören. Wenn sie dabei auf
dem Boden sitzen müssen, haben sie nicht viel davon. Der
Exzellenzwettbewerb hat an den Universitäten eine beispiellose
Veränderung bewirkt. Überall haben sich Forscher über Fächergrenzen
hinweg vernetzt. Uni-Präsidenten haben sich überhaupt erst zu
Spitzenforschung und Elite-Ausbildung bekannt. Professoren haben
erstmals nachgedacht, was das besondere Profil ihrer Hochschule sei.
Auch wenn Experten beklagen, viele Konzepte seien austauschbar und
der Fokus habe zu stark auf der Grundlagenforschung und zu wenig auf
Lehre und Anwendbarkeit gelegen, waren die Ergebnisse im Großen und
Ganzen positiv. Dennoch: Wenn die Freude der Sieger sich gesetzt hat
und die Enttäuschung der Verlierer verraucht ist, muss Deutschland
dringend eine neue Organisations- und Finanzierungsgrundlage für
seine Wissenschaft finden. Das Instrument des reinen Wettbewerbs kann
sich auch verbrauchen. Man kann nicht permanent Wissenschaftler dem
Stress aussetzen, die nächsten komplexen Anträge einreichen zu müssen
– sondern muss sie auch einfach mal arbeiten lassen. Der Bundestag
und die Länder müssen dem Bund erlauben, Geld direkt in die
Universitäten zu geben. Ein kleines, armes Bundesland wie Berlin kann
das ab 2017 wegfallende Geld aus der Exzellenzinitiative nicht
kompensieren. Es wäre zum Schaden der Hauptstadt und des
Wissenschaftsstandortes Deutschland insgesamt, wenn Berlins
Universitäten wieder hinter das nun erreichte, exzellente Niveau
zurückfielen.
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