WAZ: Freie Wähler treten an – Kommentar von Winfried Dolderer

Als Samaritertat möchten sie diese Bewerbung
verstanden wissen. So verzweifelt seien die Bürger über die
herrschende Politik, so sehr in Gefahr, deswegen populistischen
Rattenfängern in die Arme zu laufen: Da können sie einfach nicht
abseits stehen. Deutschland braucht die Freien Wähler – glauben diese
selbst. Eine Behauptung, für die indes wenig mehr spricht als
Wunschdenken. Die Freien Wähler sind seit Jahrzehnten in der
Kommunalpolitik erfolgreich. Auf Landes-, Bundes- oder Europaebene
haben sie, von einem Triumph in ihrer Hochburg Bayern abgesehen,
nichts vorzuweisen. Als Bundespartei sind sie in weiten Teilen der
Republik noch im Aufbau. Bereits im nächsten Jahr einen
flächendeckenden Wahlkampf stemmen zu wollen, ist gelinde gesagt ein
ehrgeiziges Projekt. Ein Wahlkampfthema immerhin hat sich gefunden.
Die Freien Wähler sind rabiat gegen den Euro-Rettungskurs. Von ESM
und Fiskalpakt wollen sie nichts wissen. Sie wollen zurück zum
Maastricht-Vertrag, in die Zeit vor der Krise. Eine große Zahl
besorgter Bürger werden sie dabei auf ihrer Seite haben. Viele ihrer
Einwände und Befürchtungen kann man teilen: Es sind verdammt riskante
Zeiten in Europa. Indes, überzeugende Lösungen jenseits der
allgemeinen Ratlosigkeit haben die Freien Wähler auch nicht. Wie
andere plädieren sie für eine politische Union Europas, wobei sie
zugleich dem europäischen „Zentralismus“ den Kampf ansagen: Da lässt
die Quadratur des Kreises grüßen.

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