Südwest Presse: KOMMENTAR · VERFASSUNGSGERICHT

Selbst die Not kennt Gebote, vor allem, wenn letztere
im Grundgesetz stehen. Dieses Prinzip hat das
Bundesverfassungsgericht einmal mehr bestätigt und damit in einer
Reihe von Entscheidungen zum Verhältnis Deutschlands und der EU die
Bundesregierung erneut in die Schranken gewiesen. So einfach, wie
Bundeskanzlerin Angela Merkel auf internationalem Parkett gerne
agieren möchte, geht es eben nicht – schließlich existiert da noch
ein Gremium, das mehr als nur ein Wort mitzureden hat: Der Deutsche
Bundestag. Mehr als einmal musste das Verfassungsgericht auf eine
demokratische Selbstverständlichkeit hinweisen. Der Bundestag, so
schwerfällig er im Einzelfall sein mag, ist nach wie vor die
Vertretung des Volkes, der Ort parlamentarischer Willensbildung und
nicht ein lästiger Bedenkenträger oder der willfährige Abnicker der
Kabinettsentscheidungen. Der Bundeskanzlerin, die es in den
vergangenen Monaten prächtig verstanden hat, durch kompromissloses
Handeln die Schuldenkrise in persönliches Profil umzumünzen, kommt
das Urteil ungelegen. Doch Deutschland kann nicht ohne weiteres
Kompetenzen verlagern oder übertragen, um die europäische Integration
zu vereinfachen oder zu vertiefen – weder innerhalb des Staates noch
im Verhältnis zur EU. Auch darauf hat das Bundesverfassungsgericht
bereits vor geraumer Zeit hingewiesen. Der Rahmen, den das
Grundgesetz dafür bietet, ist längst ausgeschöpft.

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