BERLINER MORGENPOST: Die nächste Hiobsbotschaft / Leitartikel von Christine Richter

Er kommt später, er wird noch teurer und er bekommt
kein Geld mehr: Am Donnerstag wurde bekannt, dass die
Flughafengesellschaft keine neuen Kredite für den Großflughafen BER
aufnehmen kann. Und dies, obwohl sich der Bau durch die um Monate
verzögerte Inbetriebnahme des Airports deutlich verteuert. Die Banken
geben keine Kredite mehr, die Flughafengesellschaft ist, so
formulierte es der brandenburgische Finanzminister überraschend klar,
„in der gegebenen Ertrags- und Kostenstruktur nicht in der Lage,
zusätzliche Kredite aufzunehmen und zu bedienen“. Damit bestätigte
der Minister das, was Flughafenexperten schon seit der Absage des
Eröffnungstermins gemutmaßt haben. Wieder so ein Tag mit einer
Hiobsbotschaft zum BER. Sicherlich, die Flughafengesellschaft wird
nicht insolvent gehen. Das werden die drei Gesellschafter – die
Länder Berlin und Brandenburg und die Bundesregierung – verhindern.
Das bedeutet aber auch, dass diese drei – also wir alle, die
Steuerzahler nämlich – nun Geld zuschießen müssen. In mehrstelliger
Millionenhöhe. Angesichts der angespannten Haushaltslage in Berlin
und Brandenburg, angesichts der vereinbarten Schuldenbremse ist das
für die Länder wahrlich eine extreme Belastung. Der Airport hat sich
schon von den geplanten 2,4 Milliarden Euro auf jetzt 4,2 Milliarden
Euro verteuert, und es gilt als sicher, dass die ganze Sache wegen
der weiteren Bautätigkeiten, der Schadensersatzforderungen von
Airlines, Verkehrsunternehmen und Einzelhändlern sowie wegen des
verbesserten Lärmschutzes noch sehr viel teurer wird. Eine Tatsache,
die die Menschen in der Region umtreibt, denn was hätte man alles mit
den vielen Millionen finanzieren können. Das wiegt im Zweifel auch
schwerer als der Ärger über die verschobene Eröffnung. Wie
leichtfertig geht die Flughafengesellschafter, gehen die drei
Gesellschafter mit dem öffentlichen Geld um. Und es bleibt
kompliziert: Die EU-Kommission muss zustimmen, wenn Berlin,
Brandenburg und der Bund für den Airport nun noch mehr finanzielle
Subventionen geben wollen. Das Genehmigungsverfahren in Brüssel
könnte sich jetzt aber verzögern, weil die Banken die
Kreditwürdigkeit der Flughafengesellschaft bezweifeln. Außerdem wird
die EU ihre Zustimmung möglicherweise an Auflagen knüpfen, also
beispielsweise die Privatisierung der Flughafengesellschaft für die
Zeit nach der BER-Inbetriebnahme fordern. Berlin kennt sich damit aus
– so war es auch, als die Berliner Bankgesellschaft mit Milliarden
Euro vor dem Aus gerettet und dann verkauft werden musste. Für den
Steuerzahler ist das alles bitter: Mit seinem Geld wird das
Schlimmste verhindert, das Geld in besseren Tagen verdienen dann aber
andere. In der kommenden Woche tagt der Aufsichtsrat der
Flughafengesellschaft mit Klaus Wowereit an der Spitze. Er muss nicht
nur erklären, ob der Eröffnungstermin am 17. März 2013 noch zu halten
ist. Er muss auch sagen, wie viel neues Geld die
Flughafengesellschaft noch braucht. Es wird wohl wieder ein Tag mit
einer Hiobsbotschaft.

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