Im Grunde ist es eine einfache Sache und eine
nicht allzu gewagte Behauptung: Man muss Peter Gauweiler und der
Linken dankbar sein. Mit ihrer Klage brachten die Eurokritiker das
Bundesverfassungsgericht dazu, für die zwingende Klarheit im Zuge der
Eurorettung zu sorgen. Die Auflagen zur deutschen Haftungssumme und
mehr parlamentarische Transparenz sind notwendiges Beiwerk, die
Verträge über den Rettungsmechanismus wie den Fiskalpakt können jetzt
mit Zustimmung der höchsten Richter von der Bundesrepublik
Deutschland gegengezeichnet werden. Für den Euro ist das gut, für
Deutschland ohnehin, für Europa erst recht.
Auch der Rest der Welt wird für einen Moment aufatmen, denn die
Euroschuldenkrise belastet mittlerweile die gesamte Weltwirtschaft.
Doch Angela Merkel ist keineswegs gerettet. Auch der Euro ist es
nicht. Merkel hat gestern etwas Zeit gewonnen, um im Bundestag das
Richtervotum als Bestätigung für ihren Kurs zu deuten und auf diese
Weise den Bundestagswahlkampf zu starten. Es gibt aber einen Haken.
Die deutsche Binnensicht oder gar Nabelschau wird nicht ausreichen,
um die Währung so zu stabilisieren, dass Europa aus der Krise kommt.
Europäische Partner und die wichtigsten außereuropäischen Staaten
verlangen von Merkel Führung. Mit anderen Worten: Sie fordern von der
Kanzlerin des mächtigsten europäischen Landes, dass sie eindeutig
sagt, wohin die Reise geht. Nur so können die Turbulenzen – gleich ob
politisch oder wirtschaftlich – ein Ende haben. Wir brauchen mehr
Europa, so lautet Merkels Mantra und auch das der Opposition. Nur
beim aufkommenden Wahlkampf werden die Aussagen eher verwässert
werden, um möglichen Wählern nicht vor den Kopf zu stoßen. Was heißt
denn konkret mehr Europa? Ein Staatenbund, eine Föderation?
Die Regierungschefin muss Farbe bekennen, sie muss die Bevölkerung
mitnehmen, Perspektiven erklären und Lösungswege aufzeichnen.
Tatsächlich muss Europa vorangetrieben werden. Das geht aber nur mit
den hier lebenden Menschen.
Pressekontakt:
Schwäbische Zeitung
Redaktion
Telefon: 07561-80 100
redaktion@schwaebische-zeitung.de