Die ersten Hürden sind gemeistert. Nachdem die
längst zur Schimäre gewordene SPD-Troika am Freitag Peer Steinbrück
zum Kanzlerkandidaten ausgerufen hat, konnte er am Wochenende
zunächst seine Funktionärstauglichkeit auf dem NRW-Landesparteitag
testen, bevor ihn heute der SPD-Vorstand nominierte. Immerhin
einstimmig, was gleich für alle Anlass war, sich selbst und die
Einheit der Partei zu feiern. Wie weit es tatsächlich damit her ist,
kann aus dem Ergebnis allerdings kaum herausgelesen werden: Jedem
einzelnen Abstimmungsteilnehmer war klar, dass schon mit der ersten
Gegenstimme die interne Demontage des Kandidaten begonnen hätte. So
wird sich mancher zähneknirschend der Parteiräson gefügt haben, dem
schon Böses schwante bei Steinbrücks in Münster erhobener Forderung
nach „Beinfreiheit“. Dass die Sozialdemokraten intern weiterhin
massives Konfliktpotenzial aus dem Weg zu räumen haben, zeigte die
anschließende weitere Vertagung des Rentenkonzepts. Hier liegen die
schon vom Parteivorsitzenden Gabriel gegenüber den eigenen
großkoalitionären Reformbeschlüssen weichgespülten Vorstellungen
immer noch meilenweit von denen des linken Flügels entfernt. Heraus
kommen kann trotz aller Arbeitskreis-Kreativität eigentlich nur ein
weiterer Kompromiss hin zu mehr steuer- oder beitragsfinanzierter
„Gerechtigkeit“, das den linken Positionen entgegenkommt. Wie ein
Kandidat Steinbrück das im Wahlkampf als staatsmännische Weisheit des
Finanzfachmanns verkaufen will, dürfte nur eine der spannenden
Herausforderungen des anstehenden Dauerwahlkampfs von gut einem Jahr
Dauer werden – für den Kandidaten wie für seine Partei gleichermaßen.
Überhaupt ist nun zwar die Kandidatenfrage entschieden, damit aber
auch der Wahlkampf endgültig eröffnet. Es wird also ein
Marathon-Wettstreit werden, bei dem noch viel passieren kann. Nicht
zuletzt, dass es dem Bürger am Ende zuviel wird an Wahlkämpferei.
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Mindener Tageblatt
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